Zitadelle Tabriz: das Rab-e Rashidi in Tabriz, Iran

Das mittelalterliche Rab-e Rashidi wurde Anfang des 14. Jh. n. Chr. auf Weisung des ilkhanidischen Khans Ghazan gegründet. Heute ist das Areal eine einzige große Ruine. Moderne Bauten wuchsen dem Ruinenhügel entgegen, bis die iranische Antikenbehörde das Gebiet unter Kulturerbe-Schutz stellte, und weitere Bautätigkeiten untersagte.

Südbastion bzw. "Kanonenturm" der Burg von Rab-E Rashidi © DAI Teheran // Christian Fuchs

DAI Standort  Außenstelle Teheran, Eurasien-Abteilung

Projektart  Einzelprojekt

Laufzeit  01.2016 - 12.2023

Disziplinen  Altorientalistik, Bauforschung, Islamische Archäologie

Projektverantwortlicher  Dr. Judith Thomalsky

Adresse  Im Dol 2-6 , 14195 Berlin

Email  Judith.Thomalsky@dainst.de

Laufzeit  2016 - 2023

Projektart  Einzelprojekt

Cluster/Forschungsplan  EA - Iran, Afghanistan, Pakistan

Fokus  Kulturerhalt/Cultural Heritage, Feldforschung, Objektforschung

Disziplin  Altorientalistik, Bauforschung, Islamische Archäologie

Methoden  Architektonische Bauaufnahme, Dokumentation, Prospektionsmethoden, Restaurierungs- und Denkmalpflegemethoden

Partner  Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Institut für Archäologie, Denkmalkunde und Kunstgeschichte (IADK), Iranian Cultural Heritage, Handicraft and Tourism Organization (ICHTO), Auswärtiges Amt - Kulturerhaltprogramm, Tabriz Islamic Art University, Archiv der Eurasien-Abteilung

Förderer  Gerda Henkel Stiftung, Auswärtiges Amt - Kulturerhaltprogramm

Schlagworte  Bauforschung, Islamische Archäologie

Projekt-ID  2704

Permalink  https://www.dainst.org/projekt/-/project-display/4607713

Überblick

Rab'-e Rashidi (in Persisch رَبع رشیدی ) ist ein mittelalterliches Stadtviertel des alten Tabriz, heute im Nordosten der modernen Stadt gelegen. Geplant wurde der Komplex im frühen 14. Jahrhundert n. Chr. von Rashid al Din (* 1247 in Hamadan; † 9. Ramadan 718 / 4. November 1318 in Tabriz), Minister während der Regierungszeit des Ilkhanidischen Herrschers Ghazan Khan (1271– 11 May 1304). Das Gründungsdokument, datiert auf August 1307, gibt ein sehr detailliertes Bild über Bauteile, Gliederung und Funktionen des Ensembles.  Das Ensemble umfasst eine Universität, Bibliothek, ein Hospital, administrative und religiöse Institutionen (Koranschule; Moscheen), Unterkünfte für die Lehrer und Studierenden, eine Karawanserei, ein Bazarkomplex sowie ein Handwerkerviertel inklusive einer Papierfabrik und Buchdruckerei. Ursprünglich in einem großen freien Areal im NO der Stadt gelegen, wurde Rab'-e Rashidi allmählich von Wohnquartieren mit weiteren Handwerken, Bädern und Geschäften umschlossen.

Die Bautätigkeiten begannen schon nach dem Tod von Rashid al Din im Jahr 1318 einzuschlafen, wenngleich sich sein Sohn Ghiyas al Din ibn Rashid al Din um ein Wiederaufleben des Stadtviertels bemühte. Spätere Um- und Neubauten ab der Mitte des 14. Jh. wandelten und veränderten das ursprüngliche Ensemble sehr. Schließlich nutzte Shah Abbas (1571-1629 n. Chr.) das Areal für die Anlage eines militärischen Kastells inklusive eines Gouverneur-Palasts.

Projektziele

Die einzelnen Elemente von Rab-e Rashidi sind heute weder dem ursprünglichen Bild zugeordnet noch identifiziert. Die bislang getätigten Untersuchungen fokussierten sich auf die „West-Burg“ und einem Teil der öffentlichen Bauten im Südosten. Hierbei wurde eine gewaltige Mauer erfasst, womöglich das Fundament eines Observatoriums, das ebenfalls in den Berichten von Rashid al Din beschrieben wird. Zu den spektakulärsten Funden gehören außerdem Fragmente von Mosaiken aus den Gründungszeiten des Ensembles bis zur Safavidischen Periode. Auch die jüngere Burganlage zeigt deutlich erkennbar eine komplexere Baugeschichte, die bislang weder dokumentiert noch hinlänglich erforscht ist. Dies zeigt sich insbesondere entlang der Südmauer und dort wiederum mit der auffällig großen „Südbastion“ (eigentlich ein Kanonenturm) – die keinerlei bauliche Verbindung zu der dahinter anschließenden Flankenmauer zeigt, und mindestens in ihrer spätesten Nutzungsphase der osmanischen Zeit zuzuordnen ist. Die Südbastion kann den ersten Studien nach mit der größte „Kanonenturm“ in Iran gelten, und möglicherweise auch in überregionaler Perspektive. Mit den ersten Sondagen an der Bastion, wurden tönerne Wasserleitungen erfasst, die unterhalb aus der Bastion heraus verlaufen. Inwieweit der massiv erscheinende Bau also möglicherweise hohl, und als Wasserspeicher genutzt wurde, und ob dies evt. seine ursprüngliche Funktion war, muss ebenfalls noch geklärt werden.

Dem Ruinenareal Rab-e Rashidi soll sich in einem umfassenden interdisziplinären Programm gewidmet werden: Bauhistorische Untersuchungen auf dem Areal aber auch in der Stadt und Quellenanalysen sollen unsere Kenntnisse über die Stadtgeschichte von Tabriz und seiner historischen Karte ergänzen. Insbesondere die frühen Nutzungsphasen müssen erarbeitet und sichtbar gemacht werden. Diese Arbeiten schließen systematische Dokumentation der sichtbaren Ruinen und Nachgrabungen ein. Neben der Identifikation der Bauten anhand der historischen Dokumente gelten die Studien auch der Person Rashid al Din, seiner Forschungen und seiner Intension, ein wissenschaftliches Zentrum in Tabriz zu errichten. Sämtliche Arbeiten münden in eine topographisch-historische digitale Karte von Rab-e Rashidi, die das Areal und sein Bauensemble in seinen verschiedenen Bauphasen und historischen Entwicklungen darstellt. Diese (3D-) Visualisierung dient als Grundlage für die Erarbeitung eines Maßnahmenkatalog zum Schutz und Erhalt der Ruinen. Ein zweiter Aspekt widmet sich den ersten dringlichen restauratorischen Maßnahmen an den Ruinen. Hier steht insbesondere der sogenannte „Süd-Bastion“ und der Nordostmauer, die an einem Steilhang sitzt, und abzustürzen droht. Das Programm schließt einen Maßnahmenkatalog zur Stabilisierung und Erhaltung der Ruinen, notwendige erhaltende Restaurierungsarbeiten und nicht zuletzt das Erarbeiten einer touristischen Infrastruktur wie Wegeleitsystem und Informationstafeln ein. Die Einbindung der Tabrizer Universitäten, insbesondere die Islamische Kunstuniversität Tabriz (TABRIZIAU) in das Programm ist verbindlich. Auch werden für den Studiengang Archäometrie und Restaurierung/islamische Archäologie auf dem Areal Rab-e Rashidi Werkstätten (u. a. ein Kalkbrennofen zur Mörtelproduktion; Steinmetzwerkstatt) eingerichtet werden.

Stadtarchäologie in Tabriz. Grabungsschnitt im Kasernenbereich von Rab-e Rashidi, Tabriz © DAI Teheran, Universität Bamberg // Lorenz Korn
Nahaufsicht von verbauten Grabsteinen in der Südbastion © DAI Teheran // Christian Fuchs
Der mutmaßlich osmanische "Kanonenturm" mit wiederverwendeten Grabsteinen der Ilkhanidenzeit © DAI Teheran // Judith Thomalsky
Geomagnetische Prosprektion des Burggeländes, 2018 © DA Teheran // Judith Thomalsky
Aufbau eines Kalksteinbrennofen, zur Herstellung von Mörtel für die Restaurierung (Open Lab Rab-e Rashidi) © DAI Teheran // Christian Fuchs