Überblick
In der am Nordabhang des Parnassos-Massivs, am Südrand der fruchtbaren Kephissos-Ebene landschaftlich eindrucksvoll gelegenen phokischen Stadt Tithorea finden seit 2016 Feldforschungen statt. Die Abteilung Athen des DAI unterstützte zunächst die Forschungen der Ephorie für Paläoanthropologie und Speleologie in einem Survey des weiträumigen Areals von Höhlen an der Flanke des Stadtberges. Dieses Höhlensystem war ausweislich der Funde zu verschiedenen Epochen seit spätneolithischer Zeit immer wieder von Menschen frequentiert.
Noch im gleichen Jahr unterstützte das DAI Athen die 14. Ephorie für prähistorische und klassische Altertümer (Lamia, Projektleitung für die Ephorie: Dr. Petros Kounouklas) bei der neu initiierten Untersuchung der Stadtmauer von Tithorea, die zunächst von umfangreichen Reinigungsarbeiten begleitet war. 2016–2018 wurde der Verlauf der Befestigung insgesamt neu kartiert, besonders gut erhaltene Abschnitte bzw. Teilbauten wurden auf Grundlage von Photogrammetrie im Maßstab 1:50 händisch gezeichnet und mit ergänzenden Baubeschreibungen dokumentiert. Damit ist erstmals ein vollständiger Überblick über Erhaltungszustand, Verlauf und Außenanlagen des Stadtmauerringes möglich geworden. Die Dokumentation des Bestandes bietet zudem neue Erkenntnisse zur langen und wechselvollen Baugeschichte der Befestigung – und damit auch der Stadt insgesamt.
Ein ebenfalls 2016–2018 durchgeführter Survey intra muros hat zumindest für den oberen, nicht modern überbauten Bereich der antiken Stadt konkrete Aufschlüsse zur einstigen (Terrassen-)Bebauung eröffnet und u. a. deutliche bauliche Hinweise auf ein Wasserversorgungssystem erbracht.
Ein weiteres Standbein der Untersuchungen ist die Aufnahme eines topographischen Planes von Tithorea, der in der bisherigen Forschung weitgehend fehlt – er ermöglicht jetzt erstmals ein Gesamtbild zu Topographie und Baubestand der Stadt und ihres nächsten Umlandes.
2018 wurden die Arbeiten schließlich durch punktuelle Sondagen ergänzt, die Aufschluß zur Baugeschichte der Stadtbefestigung und eines größeren, bislang unerforschten Baukomplexes im Surveyareal bieten sollen.
Diskussionsbedarf für die noch laufende Auswertung der Beobachtungen in Tithorea besteht insbesondere hinsichtlich der Frage, wie weit die Stadtanlage insgesamt und konkret die Stadtmauer die politisch-militärisch bewegten Ereignisse im 4. Jh. v. Chr. in Phokis/Mittelgriechenland spiegeln, die nach Aussage der historischen Quellen von gravierenden Auswirkungen für die phokischen Städte im Kephissos-Tal verbunden waren.
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