Samos

Heraion von Samos, Archäologisches Gelände © DAI Athen // Stefan Biernath

Raum & Zeit

Die antike Besiedlung von Samos konzentrierte sich weitgehend auf den Südosten der Insel. Hier finden sich zwei wichtige archäologische Stätten: die antike Stadt Samos und das rund 6 km westlich davon gelegene Heiligtum der Hera. Durch seinen guten Hafen im heutigen Pythagoreion und seine Lage an Handelswegen in der Ägäis und in das Innere Kleinasiens hat Samos schon in der Frühen Bronzezeit (3. Jt. v. Chr.) Bedeutung erlangt. In der Zeit der Vorherrschaft des minoischen Kreta in der Ägäis (2. Jt. v. Chr.) bildete es eine Station am Verbindungsweg zwischen Kreta und Kleinasien. Ihre Blütezeit erlebte die Insel in der archaischen Zeit (7.–6. Jh. v. Chr.). Durch Schillers Ballade "Der Ring des Polykrates" ist der Tyrann Polykrates unsterblich geworden, unter dessen Herrschaft Samos eine bedeutende Machtstellung erreichte. Von der antiken Stadt Samos, über die sich heute der Touristenort Pythagoreion ausbreitet, haben sich herausragende Monumente erhalten: die Stadtmauer, der Hafen mit der antiken Mole und vor allem die Wasserleitung des Eupalinos, eine ca. 3 Kilometer lange Leitung, deren Mittelstück als Tunnel von mehr als 1.000 Metern Länge durch einen Berg geführt ist – ein Meisterwerk antiker Ingenieurskunst. Darüber hinaus wurde über einem hellenistischen Gymnasium ein stattlicher römischer Bäderkomplex errichtet – in seiner ersten Bauphase eventuell eine der frühsten römischen Thermen im griechischen Osten, der schließlich in ein byzantinisches Klostergut umgebaut wurde. Ein ca. 15 Kilometer langes römisches Aquädukt dürfte die Thermen mit Wasser aus dem Quellgebiet des Imbrasos versorgt haben. Auf dem Kastro-Hügel liegt eine stattliche hellenistische Peristylvilla, die bis in die Kaiserzeit genutzt wurde und wahrscheinlich neben Marcus Antonius und Kleopatra zahlreiche weitere antike Machthaber beherbergt haben dürfte. Sie ist von einem späteren Bischofssitz überbaut. Im Heraion sind von den meisten Bauten nur die Fundamente erhalten. Eine einzelne, noch zur Hälfte aufrecht stehende Säule zeugt vom – laut Herodot – ehemals größten Tempel Griechenlands.

Historischer Abriss:

Prähistorie und Früheisenzeit

Erste Siedlungsaktivitäten lassen sich auf dem Kastro Hügel des heutigen Pythagoreions bereits für das Neolithikum nachweisen. Diese Siedlung scheint aber aufgegeben worden zu sein. Spätestens ab der Frühbronzezeit, wenn nicht bereits im Chalkolithikum, etablierte sich am Westrand der Ebene von Chora auf dem Gebiet des späteren Heraion, eine stattliche Siedlung, die neben Troja, Poliochni auf Lemnos, Thermi auf Lesbos und Emporio auf Chios zu den frühsten und größten ägäischen Siedlungen zählte und weitreichende Handelskontakte in die Ägäis und nach Kleinasien hatte. Diese Siedlung wurde nach aktuellem Forschungsstand im 18. Jh. v. Chr. verlassen und man kehrte offenbar auf das Gebiet der späteren Polis Samos am Ostrand der Ebene zurück. Im 2. Jt. v. Chr. war Samos eine wichtige Station auf dem Verbindungsweg zwischen dem mächtigen minoischen Kreta und Kleinasien und hatte intensive Kontakte zu Kreta, worauf nicht zuletzt die Gründung des Kultplatzes im Heraion im Charakter neupalastzeitlicher ländlicher Heiligtümer verweist.

Nach dem Fall der mykenischen Paläste scheint es auf Samos keinen radikalen kulturellen Bruch gegeben zu haben. Auch wenn in der jüngeren Forschung oftmals bestritten wird, dass es eine größere Bevölkerungsmigration vom griechischen Festland in die Südostägäis gab, die sogenannte Ionische Wanderung, bietet unter anderem Samos einige Indizien, dass im 10. Jh. v. Chr. tatsächlich Siedler vom griechischen Festland auf Samos eingetroffen sind. Wie Konstantinos Taskos und Maria Viglaki-Sofianou darlegen konnten, bildete sich um diese Zeit auf dem Gebiet der späteren Agora der antiken Stadt Samos neben dem weiter östlich gelegenen älteren Siedlungsplatz ein zusätzlicher Siedlungskern heraus, mit dem eine westlich davon gelegene Tumulusnekropole verbunden werden kann. Die hier gefundene Keramik erlaubt die Interpretation, dass sich neue Bevölkerungsgruppen vom Festland niederließen und gemeinsam mit der bereits ansässigen Bevölkerung dort lebten, wie es auch als Ursprung und Hintergrund für die Namen der beiden auf Samos bezeugten Phylen Chesieis und Astypalaieis vermutet wurde. Die mit den neuen Siedlern eintreffenden Familien stiegen offenbar schnell zu Großgrundbesitzern mit entsprechendem Reichtum auf, wie aus den Grabfunden abzuleiten sein dürfte. Wie die soziale Struktur dieser Gesellschaft allerdings konkret aufgebaut war, ist nicht bekannt. Vermutlich gab es zunächst einzelne politisch-sakrale Führungsgestalten, wie einen König, neben denen sich spätestens im späten 8. Jh. v. Chr. erste komplexer organisierte Sozialverbände in Form rein aristokratischer Hetairien herausbildeten, die um gegenseitige Abgrenzung und höchste Machtgewalt wetteiferten und mit den für Samos überlieferten Geomoroi identifiziert werden könnten.

Das 7. Jh. v. Chr.: Samos und seine transmediterranen Kulturkontakte

Um 700 v. Chr. führte Samos gemeinsam mit anderen ionischen Städten einen Krieg gegen das gegenüber der Insel beim heutigen Güzelçamlı lokalisierte Melia. Dessen Niederlage sicherte Samos ökonomisch und strategisch wichtige Festlandsbesitzungen. Damit kontrollierte Samos vollständig die Meerenge zwischen der Insel und dem Festland, durch die die wichtige Seeroute zwischen Ägypten, der Levante und Zypern nach Griechenland und in den Schwarzmeerraum führte. Zusätzlich hatte es nun auch leichteren Anschluss an die Landhandelsrouten über das anatolische Plateau Richtung Zweistromland. Der Krieg gegen Melia war Teil des sogenannten Lelantinischen Krieges, in dem Samos Chalkis gegen Eretria unterstützte und der eine ganze Folge unterschiedlicher kriegerischer Ereignisse zwischen den verschiedenen Bündnispartnern mit sich brachte ‑ so auch eine Expedition des Amphikrates, in dem man gelegentlich den letzten König von Samos erkennen möchte, gegen Ägina zu Beginn des 7. Jhs. v. Chr. Der ungünstige Ausgang der Expedition könnte zum Ende des Königtums und der Etablierung des oligarchisch-aristokratischen Herrschaftssystems der Geomoroi auf Samos beigetragen haben. Gemeinsam mit der Einbindung weitreichender internationaler Handelsbeziehungen und möglicherweise auch einer Söldnertätigkeit im Vorderen Orient erlebte Samos im Anschluss einen ersten wirtschaftlichen wie kulturellen Aufschwung, als es vermutlich die Kolonien Kelenderis und Nagidos an der kilikischen Küste gründete, sofern diese nicht doch bereits ins 8. Jh. v. Chr. gehören und eher als Ausgangspunkte für Piraterie anstelle von Handelsstützpunkten zu interpretieren sind.

Seit spätestens ca. 664 v. Chr. müssen Samioten auch verstärkt als Söldner und Händler in Ägypten unterwegs gewesen sein. Der Pharao Psammetich I. baute seine Streitkräfte, mit denen er sich von der neuassyrischen Herrschaft befreite, im Wesentlichen auf südostägäischen Söldnern auf, die er anfänglich über Kontakte zum lydischen König Gyges rekrutierte. Viele dieser Söldner blieben in Ägypten und gingen Verbindungen mit einheimischen Familien ein. Andere kehrten zurück und dürften neben fremden Objekten vor allem neues Gedankengut in ihre Heimat mitgebracht haben. Die Kontakte der Samioten spiegeln sich in der außergewöhnlichen Fülle an Hera geweihten Importen transmediterraner Provenienz wider, wie sie heute in keinem anderen griechischen Heiligtum in solchem Umfang begegnen. Die Weihgaben stammen u. a. aus der Levante, Syrien, Babylonien, dem Iran, dem Kaukasus, Spanien oder Etrurien – im Besonderen aber aus Ägypten. Dort entstand gegen 620 v. Chr. mit Erlaubnis des Pharaos der Handelshafen Naukratis, in dem Samos eine Filiale des Heraion eröffnete. Etwas älter ist jedoch die bei Herodot (Historien IV, 152) überlieferte Geschichte des samischen Händlers Kolaios, der auf dem Weg nach Ägypten durch einen Sturm abgetrieben bis zum gold- und silberreichen Tartessos an der iberischen Südwestküste gelangte, von wo er mit reichem Ertrag zurückkehrte. 1/10 davon stiftete er der Hera in Form eines ca. 4,50–4,80 m hohen Greifenkessels, der von drei knienden Bronzefiguren getragen worden sei. Im Fundgut des Heraion befinden sich Elfenbeinkämme aus Südspanien, die auf entsprechende Handelsbeziehungen hinweisen.

Das 6. Jh. v. Chr.: Die Blütezeit der Polis

In das 6. Jh. v. Chr. fiel die Blütezeit von Polis und Heiligtum. Der Bau von Dipteros I im Heraion deutet bereits vor Polykrates Herrschaft auf einen erheblichen Reichtum in breiten Teilen der Bevölkerung hin. Ernst Homann-Wedeking vermutete Syloson den älteren, Sohn des Kalliteles und Großonkel des Polykrates, als den Initiator des Tempels. Laut Plutarch (Quaestiones Graecae 57) und Polyaen (VI 45) habe dieser vermutlich zwischen 601 und 591 v. Chr. die Geomoroi gewaltsam beseitigt und nach einer verlustreichen Schlacht der Samier gegen Priene um ca. 591 v. Chr. um die Erweiterung der Festlandbesitzungen sowie einem zeitgleichen Krieg gegen die Ätoler sich selbst zum Tyrannen erhoben. Die Familiengeschichte des Polykrates und die Tyrannis seiner Vorfahren wird kontrovers diskutiert, doch scheint auch Polykrates Vater Aiakes um ca. 560 v. Chr. Tyrann auf Samos gewesen zu sein. Zumindest konnte Samos in dieser Zeit die Schwächen politischer Gegner, wie Milet, Megara oder Mytilene, ausnutzen und seine Dominanz in der Ostägäis ausbauen.

Wann genau Polykrates in den 530er Jahren die Herrschaft mit seinen beiden Brüdern Pantagnotos und Syloson, von denen er sich später entledigte, übernahm ist umstritten. Mittels der historischen Quellen werden manchmal die Jahre 538 oder 532 v. Chr. ermittelt. Laut Herodot (Historien III 122) soll er mit seiner starken Flotte, die aus einem neuen Typus von Fünfzigruderern bestand, der sogenannten Samaina, nach der Seeherrschaft gestrebt haben. So habe er sich gegen Milet und Lesbos behauptet und soll laut Thukydides (Der Peloponnesische Krieg I 13) eine Reihe von Inseln unterworfen haben. Mit der Flotte betätigte er sich gleichfalls, wie es zu dieser Zeit üblich war, als Händler und Pirat. Anfänglich mit dem ägyptischen Pharao Amasis eng verbündet schickte er schließlich dem Perserkönig Kambyses II. Schiffe für dessen Invasion von Ägypten. Laut Herodot soll Amasis das Bündnis mit Polykrates selbst aufgekündigt haben, was in der Forschung aber bestritten wird. Indem Polykrates die Schiffe mit politischen Gegnern bemannte, die Kambyses nicht mehr zurückschicken sollte, erhoffte er, sich seiner Widersacher zu entledigen. Der Coup flog auf und die entsandten Schiffe wandten sich mit spartanischer und korinthischer Unterstützung gegen Polykrates Flotte, konnten aber nach anfänglichen Erfolgen bei ihrem Überfall auf Samos zurückgeschlagen werden. Nach der Schwächung der samischen Flotte hatte Polykrates spätestens gegen 522 v. Chr. finanzielle Engpässe. Der persische Satrap Oroites lockte Polykrates schließlich mit reichen finanziellen Versprechen für ein Bündnis gegen Kambyses nach Magnesia auf das kleinasiatische Festland und tötete ihn.

Während der Herrschaft des Polykrates erlebte Samos eine außergewöhnliche Prosperität und es entstanden die von Herodot gerühmten Monumente im Stadtgebiet und dem Heiligtum (Hafenmole, Wasserleitung des Eupalinos, Heratempel). Die historischen Quellen berichten von der Anwerbung zahlreicher hochrangiger Handwerker und zum Teil von heute oft als gezielte wirtschaftliche Interventionen gedeutete Maßnahmen des Polykrates. Inwieweit Polykrates allerdings tatsächlich eine gezielte ›Wirtschaftspolitik‹ betrieb ist umstritten.

Klassik und Hellenismus: Im Spannungsfeld der politischen Mächte

Nach dem Sturz des Polykrates brachen relativ konstante innere Machtkämpfe aus. Samos verlor seine maritime Dominanz und damit seine beträchtlichen Einkommensquellen. Es wurde dem Perserreich tributpflichtig. 499 v. Chr. nahm es am Ionischen Aufstand gegen die persische Oberhoheit teil, stand am Ende jedoch wieder loyal zu Persien. Auf dessen Seite trat es in die Perserkriege ein, wechselte aber schließlich in das griechische Lager. In der anschließenden Zeit sah es sich als Mitglied des Attisch-Delischen Seebundes der aufstrebenden Flottenmacht Athen gegenüber, der es 441 v. Chr. und 439 v. Chr. in den beiden athenisch-samischen Kriegen unterlag. Neben der Übernahme der erheblichen Kriegskosten musste es eine athenische Garnison akzeptieren. Im Peloponnesischen Krieg stand Samos auf athenischer Seite und erhielt aufgrund seiner Loyalität gegenüber der demokratischen Seite während des oligarchischen Umsturzes in Athen 412/411 v. Chr. seine Autonomie zurück. 404 v. Chr. musste es die Stadt dem spartanischen Feldherren Lysander übergeben. Im 4. Jh. v. Chr. trat Samos dem zweiten Attisch-Delischen Seebund nicht mehr bei. Nach der Installierung einer persischen Garnison sowie der Besetzung der Insel durch den karischen Machthaber und Satrapen Mausolos eroberte Athen 366/365 v. Chr. Samos. Mit offenbar nur wenigen Ausnahmen mussten die Samier ins Exil gehen und ihre Insel wurde als Kleruchie Teil des athenischen Staates. Erst ab 322 v. Chr. durften die Samier nach dem Erlass Alexanders des Großen und mit Perdikkas Erlaubnis zurückkehren und erlangten die politische ›Eigenständigkeit‹ zurück.

Auf Grund seiner geographischen Lage und seines geschützten Hafens blieb das timokratisch oder oligarchisch organisierte Samos für die hellenistischen Mächte als Flottenstützpunkt von hohem militärischem Interesse. Je nach aktueller Lage wechselte es zwischen den jeweiligen Einflusssphären. So war es zunächst dem seleukidischen Herrschaftsbereich unter Antigonos Monophthalmos angeschlossen, orientierte sich aber schnell zum Antigoniden Demetrios Poliorketes und schließlich zu Lysimachos hin. Nach 281 v. Chr. fiel Samos in ptolemäisches Herrschaftsgebiet, als der berühmte Samier Kallikrates, Sohn des Boiskos, am alexandrinischen Hof als oberster Flottenadmiral und enger Vertrauter der Königsfamilie Karriere machte. Mit Ausnahme einer kurzen Interimsphase erneuter seleukidischer Herrschaft zwischen 259 und 246 v. Chr. blieb Samos die längste Zeit unter ptolemäischer Herrschaft. Aus dem im Heraion gefundenen Ehrendekret für Bulgaros, Sohn des Alexes, lässt sich entnehmen, dass auf der Insel zu dieser Zeit große finanzielle Schwierigkeiten und Versorgungsengpässe bestanden, die der generöse Samier mit privaten Geldern zu verbessern suchte. Nach einer kurzen Besetzung durch den Antigoniden Philipp V. während der kriegerischen Auseinandersetzungen Antiochos III. mit Ptolemaios V. muss es um ca. 199/198 v. Chr. zu schweren Erdbebenschäden gekommen sein. Nach 197 v. Chr. übernahm Rhodos die Schutzherrschaft über die ägäischen Verbündeten des Ptolemaios. 190 v. Chr. fungierte Samos als wichtiger Flottenstützpunkt für die römische und pergamenische Flotte in den Kämpfen gegen Antiochos III.

Ab 188 v. Chr. wandte sich Samos politisch dem aufstrebenden Rom zu. Die Ehrung des Samiers Philopoimen, Sohn des Andronikos, durch Attalos II. zwischen 146 und 138 v. Chr. aus dem Heraion, welcher zu höchsten militärischen und zivilen Ämtern unter dem pergamenischen König gelangte, dürfte die gleichfalls engen politischen Beziehungen zu Roms Bündnispartner Pergamon deutlich machen. Nach der Herrschaftsübernahme im Pergamenischen Reich durch Rom blieb Samos während des Aristonikos-Aufstandes 132 bis 129 v. Chr. auf römischer Seite. Allerdings erwuchs Samos im nahen Ephesos als Hauptstadt der neuen römischen Provinz Asia eine ernsthafte wirtschaftliche Konkurrenz, die die politische Haltung zu Rom negativ mit beeinflusst haben dürfte. Im ersten Mithridatischen Krieg löste sich Samos von Rom, dem es 86 v. Chr. unterlag. Danach könnte die Insel bereits 84 v. Chr. mit dem Status einer civitas stipendiariae Teil der Provinz Asia geworden sein, womit hohe Tributlasten verbunden waren. Zur gleichen Zeit wurde Samos und vor allem das Heraion von Piraten geplündert. 80/79 v. Chr. raubte Gaius Verres als Legat des Gnaeus Cornelius Dolabella weitere Schätze. Die diesbezügliche Klage in Rom verlief im Sande. Die aus all diesem resultierende desaströse wirtschaftliche Lage der Insel könnte sich ab 71/70 v. Chr. leicht entspannt haben, als sich auch Marcus Tullius Cicero im berühmten Verres-Prozess unter anderem der samischen Sache annahm. Während seiner Amtszeit als Statthalter von Asia 61 bis 58 v. Chr. protegierte Quintus Tullius Cicero die Insel. Unter Marcus Antonius wurde Samos zentrale Kommandostelle sowie diplomatisches Zentrum der östlichen Reichshälfte. Während der Kriegsvorbereitungen gegen Octavian 32/31. v. Chr. hielt er sich laut Plutarch (Antonius 56) gemeinsam mit Kleopatra und zahlreichen Festgesandtschaften auf Samos auf. Sehr wahrscheinlich residierten sie in der hellenistischen Villa auf dem Kastro-Tigani-Hügel im heutigen Pythagoreion (Samos-Stadt).

Julisch-Claudische Kaiserzeit:

Trotz der Unterstützung seiner Gegner wurde Samos von Augustus protegiert, der sich fünf Mal auf Samos aufhielt. Er verlieh der Gemeinde den Rang einer civitas libera et immunis, womit sie von Abgaben befreit war und eine unabhängigere Selbstverwaltung besaß. Zwischen 19/18 und 14 v. Chr. wurde Samos vorübergehend zur Colonia erhoben, vermutlich um Veteranen in Zusammenhang mit der noch nicht stabilisierten Beziehung zum Partherreich anzusiedeln. In einem Ernstfall hätten diese von hier aus schneller rekrutiert werden können. 14 v. Chr. traf Agrippa den judäischen Klientelkönig Herodes, der Samos reich beschenkte. 1 v. Chr. scheint Kaiser Tiberius mit seinem Stiefsohn Gaius Iulius Caesar auf der Insel verweilt zu haben. Während Tiberius Prinzipats gehörte das Heraion zu den wenigen oströmischen Heiligtümern, denen nach Tacitus (Ann. 3, 60–3) im Jahre 23 n. Chr. das Asylrecht bestätigt wurde, während es viele andere Heiligtümer verloren. Offenbar wurde dieses Recht nicht nur von Kapitalverbrechern, sondern auch politisch Verfolgten und vor allem Steuersündern ausgenutzt, die sich auf diese Weise dem staatlichen Zugriff entzogen. Die Asyli war für Heiligtum und Polis sehr lukrativ, da die Asylsuchenden Abgaben für ihren Aufenthalt leisten mussten. Der Kaiser Claudius unterstützte die Insel noch einmal bei Aufbauarbeiten nach einem schweren Erdbeben 47 n. Chr.

Späte frühe römische Kaiserzeit bis in die Spätantike

Unter Vespasian verlor Samos seinen Status einer civitas libera et immunis. Damit wurde es wieder abgabenpflichtig und als Teil der provincia insularum einem Hyparchos unterstellt. Ansonsten sind die historischen Informationen denkbar schlecht. Ob Kaiser Hadrian auf seinen umfassenden Reisen jemals auf Samos Halt machte ist unbekannt. Einige Münzen Gordians III. aus der 1. Hälfte des 3. Jhs. n. Chr.  tragen immerhin die Aufschrift ΣΑΜΙΩΝ ΠΡΩΤΩΝ ΙΩΝΙΑΣ.