Forschung
Forschungsgeschichte
Zu den frühesten ausländischen Jemenreisenden, die auch Sirwah besuchten, zählen der französische Apotheker T. J. Arnaud (1843) und der französische Orientalist J. Halévy (1870). Beide lieferten erste, allerdings sehr ungenaue Beschreibungen der Ruine und kopierten einige Inschriften. Der österreichische Arabist und Astronom E. Glaser ließ 1888 von Stammesangehörigen der Region Abklatsche von Inschriften – u. a. vom Inschriftenstein des sabäischen Herrschers Karib'il Watar – anfertigen, ohne aber selbst Sirwah besichtigt zu haben.
1952 publizierte der ägyptische Ägyptologe A. Fakhry einen archäologischen Reisebericht als Ergebnis seiner 1947 im Jemen durchgeführten Forschungsreise. Neben einer ersten, von ihm erstellten Planskizze der Stadtanlage von Sirwah sind seine Fotografien und die Dokumentation von epigraphischem Material erwähnenswert. F. Geukens (1951/52) dokumentierte den Zustand der sabäischen Architektur vor den großen Zerstörungen durch den Bürgerkrieg 1962. Auch der französische Epigraphiker Chr. Robin (1974) publizierte wichtige Fotografien vor dem Einsetzen des verheerenden Steinraubs.
Das Deutsche Archäologische Institut unter der Leitung von J. Schmidt fertigte schließlich 1979/80 einen ersten topographischen Plan von Teilen der Stadtanlage an. Das archäologische Interesse konzentrierte sich zunächst ausschließlich auf den Almaqah-Tempel: 1991 begann J. Schmidt mit der Entfernung einiger der bereits aufgegebenen und in Verfall befindlichen rezenten Bauten im Inneren des Almaqah-Tempels. Ausgrabungen im Tempelbereich wurden anschließend in zwei Kampagnen 1992 und 1993/94 durchgeführt. Durch den Ausbruch des Bürgerkrieges und wegen der zunehmend instabilen politischen Situation in dieser Region war das DAI gezwungen, die Arbeiten zeitweise einzustellen. Im Jahre 2001 konnten die Feldforschungen unter der Leitung von I. Gerlach wieder aufgenommen werden, ruhen allerdings seit 2009 aufgrund der gesamtpolitischen Lage.
Forschungsziele
Die Forschungen in Sirwah sollen Informationen über den Aufbau und die Struktur einer südarabischen Stadtanlage erbringen. Dazu zählt eine Klärung der unterschiedlichen Funktionbereich der Stadt mit den entsprechenden öffentlichen Bauten, Fortifikationen, Wohnbebauung, Märkten und Produktion- bzw. Handwerksarealen. Durch den relativ guten Erhaltungszustand zahlreicher Bauwerken lassen sich intensive Untersuchungen an der Architektur und Bautechnik vornehmen. Dabei spielt auch die Identifikation und Lokalisierung der Baumaterialien bspw. anhand von petrograpischen 'Fingerabdrücken' eine besondere Rolle. Die bei den Grabungen gewonnenen Funde erlauben Einsichten in die materielle Kultur der Sabäer über mehrere Jahrhunderte hinweg. Gerade die Vielzahl an sakralen Gebäuden und der Fund etlicher Inschriften, die sich mit Kult beschäftigen, ermöglichen Aussagen hinsichtlich der religiösen Praktiken und Rituale (Cluster 4).
Zudem sollen Untersuchungen der Paläoumwelt im Hinblick auf Klimaveränderungen und Anpassungsstrategien (Cluster 9) sowie zur Landnutzung und zur Ausbeutung natürlicher Ressourcen die Lebensbedingungen der sabäischen Gesellschaft erhellen. Die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen Sirwahs zu den benachbarten südarabischen Reichen sowie entfernteren Regionen des Vorderen Orients bilden zentrale Forschungsziele des Projektes (Cluster 6 und 8).
Über die Auswertung der archäologischen Befunde und des Inschriftenmaterials können zudem viele noch offene Fragen zur südarabischen Ereignisgeschichte beantwortet werden: Hierzu zählen Informationen zur frühen sabäischen Expansion, zur Bildung eines Flächenstaates im 8. Jh. v. Chr. und zu sabäischen Fernhandelskontakten nach Nordarabien und in den mediterranen Raum im späten 1. Jt. v. Chr. bzw. im frühen 1. Jt. n. Chr.
Methoden
Neben Oberflächenbegehungen in der Stadtanlage und der Oase von Sirwah wurden in verschiedenen Arealen innerhalb der Stadt Ausgrabungen vorgenommen. Die Dokumentation erfolgte in analoger und digitaler Form. Dazu gehörte auch die Durchführung von terrestrischem 3D-Laserscanning durch Mitarbeiter der HafenCity Universität Hamburg, Department Geomatik, um eine dreidimensionale Objekterfassung und 3D-Visualisierung vornehmen zu können. Die Vorteile beruhen in der nahezu lückenlosen Erfassung aller Strukturen in kürzester Zeit und der problemlosen Weiterverarbeitung in CAD-Programmen.
Um ein möglichst umfassendes Bild von den damals herrschenden Umweltbedingungen zu erhalten, fand eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Geologen, Geographen und Bodenkundlern statt.
Die freigelegten Bauwerke wurden nach einem entsprechenden Monitoring konsolidiert bzw. restauriert.
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