Karakorum – Die Stadt des Dschingis Khan

Granitschildkröte, die als Inschriftenbasis in Karakorum aufgestellt wurde, im Hintergrund das Kloster Erdene Zuu © DAI KAAK // Anonym

Raum & Zeit

Raum

Auch heute noch lassen sich Ansätze von Stadtstrukturen der altmongolischen Hauptstadt am Ostufer des Orchon in der Steppenlandschaft ausmachen.

Im Süden der Stadt wurde im 16. Jahrhundert das buddhistische Kloster Erdene Zuu errichtet; Grabungsschnitte im Bereich der Mauer ergaben, dass diese auf einer älteren Konstruktion aus dem 13./14. Jahrhundert aufbaut, vermutlich handelt es sich dabei um den Palastkomplex der mongolischen Khane.

In südwestlicher Richtung liegt heute die Stadt Harhorin.

Zeit

Karakorum ist ein zentraler Ort mongolischer Identität. In der mongolischen Tradition ist Karakorum die Stadt des Dschingis Khan und die Stadt der „zwei Heiligen“ (Ögedei und Möngke Khan). Eine chinesisch-mongolische Inschrift von 1346 trägt das Gründungsdatum der Stadt: „Im fünfzehnten Jahr des Taizu [Dschingis Khan], im Jahr des Drachens [1220] ...“

Unter Dschingis Khan war die spätere Hauptstadt des mongolischen Weltreiches zunächst nur ein Jurtenlager und die zentrale Garnison. Die eigentliche Stadtentwicklung begann erst unter Ögedei Khan (1229-1241), dem dritten Sohn und Thronfolger Dschingis Khans. Der Stadtwall und der Palastbezirk, die 1235/36 errichtet wurden, gelten als die frühesten Anlagen. Der Palast bildet die Keimzelle der am chinesischen Stadtmodell entwickelten Residenzstadt, die in ihrer Blütezeit zum kosmopolitischen Sammelpunkt der Reichsvölker aus Ost und West, Nord und Süd wurde.

Mit dem Bau der Stadt tat Ögedei Khan 1235 den entscheidenden Schritt von einem labilen reiterkriegerischen Herrschaftsgebilde hin zu einem geordneten stabilen Staat, in dem Nomaden und Sesshafte gleichermaßen ihren Platz hatten. Die Stadt macht den Staat. Wie zur Bestätigung heißt es in der Karakorum-Inschrift von 1346: „Indem sie eine [Haupt]Stadt gründeten, schufen sie das Fundament zur Entstehung des Staates.“ Städtebau wird in der Folge zu einem tragenden Element der reichsmongolischen Staatsideologie, gestalthafter Ausdruck einer imperialen Vision.

Für den Zeitraum 1235-1256 sind etliche aufwändige Bau- und Umbaumaßnahmen überliefert. Im 14. Jahrhundert wurde die Stadt zerstört; ein Wiederaufbau erfolgte erst nach 1415. Für die Errichtung des buddhistischen Klosters Erdene Zuu im Süden der Stadt wurde im 16. Jahrhundert vermutlich auch die Stadtruine als Steinbruch herangezogen.