Ergebnisse
Die Bearbeitung der Funde von Tissamaharama und weiterer Fundplätze aus der Umgebung ergibt die Grundlage für eine detaillierte Keramikchronologie vom 5. Jh. v. Chr. bis ins 13. Jh. n. Chr. Wie der Vergleich mit anderen Fundstellen Sri Lankas und Südasien zeigt, hat die in Tissamaharama und der nahen Region erarbeitete Chronologie überregionale Bedeutung mit weiträumigen Gemeinsamkeiten in Herstellungstechnik und Formgebung.
Für die durch Zwischenhandel nach Tissamaharama gelangten importierten Gefäße sind neue Erkenntnisse möglich geworden.
Dies gilt für Fragmente glasierter mesopotamischer Gefäße, für die auf dem indischen Subkontinent frühestens eine sasandische oder gar erst frühislamische Zeitstellung galt. In Tissmaharama sind solche Scherben, zusammen mit einem Randfragment einer Amphore Dressel 2-4 (idenfiziert durch Roberta Tomber), bereits im 2. Jh. n. Chr. in den Boden gekommen. Sie mußten daher bereits in parthischer Zeit verschifft worden sein (Schenk 2007).
Auch für eine weitere keramische Fundgruppe von überregionaler Bedeutung konnten Ergebnisse erzielt werden. Dazu gehören Formen, die Leittypen in der südasiatischen Archäologie sind wie Roulettekeramik und Wheeler Typen 10 und 18, die bei der Untersuchung des antiken Fernhandels im Indischen Ozean eine besondere Rolle spielen. Dazu gehört auch die „Northern Black Polished ware“ (NBP), ein weiterer bedeutender Leittyp. Unterschiedliche Hauptverbreitungsgebiete verhinderten eine gemeinsame Betrachtung dieser „Waren“, obwohl ihre ihre Verwandtschaft durch gleiche Tonbeschaffenheit deutlich erkennbar ist. In Tissamaharama wurde sie als „Fine Grey Pottery of North Indian Origin“ zusammengefasst.
Naturwissenschaftliche Untersuchungen, die auch Scherben von Tissamaharama einbezog, zeigten eine deutliche Verwandtschaft mit der lokalen Keramik einer Region am Bengalischen Golf (Gogte 2001). Die sehr feine Tonstruktur deutet auf eine Verwendung von Ton auf der Basis von Flusssedimenten, vermutlich vom Ganges. Töpfereien wurden bisher nicht gefunden. Die Gangesebene ist Heimat des Maurya-Reichs (323-185 n. Chr).
Die Ergebnisse in Tissamaharama zeigen deutlich die Entstehung und Formierung der „Fine Grey Pottery“ , die auch neu erkannte Gefäßtypen einschließt. Mittlerweile wurde eine neue Chronologie erstellt sowie eine neue Typologie vorgeschlagen. Es soll damit die in der Literatur verwendeten Terminologien zusammengefasst und neu definiert werden.
Der neuen Chronologie nach erreichte als erstes „ Plain Grey Ware“ den Fundplatz Tissamaharama in der ersten Siedlungsphase (Phase a) - im 5./4. Jh. v. Chr.
Diese Gruppe wie auch nachfolgend einsetzende NBP ist bisher hauptsächlich auf dem Subkontinent vertreten. Erst in jüngster Zeit wurde auch Funde in Südostasien identifiziert.
Es ist hauptsächlich die Roulettekeramik, die außerhalb Südasiens verschickt wird. Trotz ihrer eindeutigen Materialverwandtschaft wird sie fast nie im postulierten Produktionsgebiet gefunden (Schenk 1997, 2001, 2006). Sie sind in einer nur im Süden üblichen Brenntechnik gefertigt, was die Identifikation und Definition dieser speziellen Keramik erschwerte. Verschiedene materialanalytische Untersuchungen haben neben dem Original aus dem Norden, auch Proben einer im Süden entstandenen hoch qualitätvollen Imitation verwendet, was zu Diskussionen führt. (Schenk 2006; Pavan/Schenk 2012).
Diese im Süden in vielen regionalen Werkstätten gefertigte Imitation wurde auch in Sumhuram (Oman) gefunden. Insgesamt legen die Ergebnisse des Tissamaharama Projekts nahe, dass der Süden des Subkontinents das eigentliche Wirtschaftszentrum in vorrömischer Zeit waren mit Häfen wie dem in römischer Zeit überlieferten Muziris (Grabungen in Pattanam). Das Original der Roulettkeramik wurde demnach über eine etablierte Nord-Süd Verbindungsroute vom Bengalische Golf nach dem Süden verbracht und kam von dort nach dem Westen und dem Osten. Durch eine deutliche Unterscheidung von Original (über Zwischenhandel) und südlicher Imitation (aus regionalen Werkstätten) bei künftigen Materialanalysen könnte dies untersucht werden.
Eine Einladung nach Bali im April zur Identifizierung von Keramik aus Südasien auf dem Fundplatz Sembiran/Pacung erlaubte einen weiteren direkten Keramikvergleich. Das Vorhandensein von „Rouletted Ware“ war bereits bekannt und die Überprüfung der Ergebnisse bestätigte die chronologischen Erkenntnisse aus Tissamaharama. Und auch hier fand sich im lokalen Fundmaterial eine Imitation dieser speziellen Tellerform. Ein erster kurzer Bericht wird dazu in Antiquity erscheinen (Calo et al, Sembiran and Pacung on the northern coast of Bali: a strategic crossroads for early trans-Asiatic exchange, im Druck).
Durch die Tissamaharama Chronologie ist eine grundlegend neue Bewertung der jeweiligen Fundplätze und ihrer Rolle beim Handel im Indischen Ozean möglich. Mittlerweile wird weitgehend akzeptiert, dass die Roulettekeramik ihre Anfänge bereits im 3. Jh. v. Chr. hatte. Die Ergebnisse in Tissamaharama zeigen aber darüber hinaus, dass diese Keramik nur während eines kurzen Zeitraumes im 3./2. Jh. v. Chr. hergestellt wurde. Für die Forschungen zu den Beziehungen im Indischen Ozean bedeutet dies, dass diese spezielle Keramik die Fundplätze nur in diesem Zeitraum erreicht haben kann, ungeachtet eines möglichen Auffindens in späteren Schichten.
Die jüngsten Ergebnisse zeigen, dass die in Südarabien und am Roten Meer gefundenen Formen erst im 2. Jh. entstanden sind. Dazu gehört insbesondere der markante Wheeler Typ 10. Die detaillierten Beschreibungen des „Periplus des Erythräischen Meeres“ des 1. Jh. n. Chr. zeichnen diese Handelsrouten nach. Dort sind aber keine Kontakte nach Südostasien verzeichnet, obwohl eindeutig durch die Funde der „Fine Grey Pottery“ schon im 2. Jh. v. Chr. nachgewiesen, möglicherweise bereits früher. Frühe Handelsprodukte waren hauptsächlich Gewürze wie Nelken und Muskatnuss, die auf den Molukken, den sogenannten Gewürzinseln, endemisch sind.
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