Raum & Zeit
Zeit
Bekanntermaßen wurde die antike Stadt Pompeji beim Vesuvausbruch von 79 n. Chr. zerstört und verschüttet. Die Entwicklung der Stadt reicht allerdings bis in archaische Zeit zurück. Bereits um die Mitte des 6. Jhs. v. Chr. wurde das Stadtareal auf ein Gebiet von circa 66 Hektar begrenzt, das spätere Befestigungsanlagen wieder aufnahmen. Das chronologische und urbanistische Verhältnis dieser alten, in etwa ellipsenförmigen Begrenzung des Stadtgebiets und eines hypothetisch angenommenen, sich im späteren Stadtplan abzeichnenden Siedlungsnukleus, der sogenannten Altstadt, das südöstliche Drittel des Stadtgebietes einnehmend, ist unklar. Letztlich sind Geomorphologie und bauliche Überformung der "Altstadt" noch zu wenig erforscht. Die Casa dei Postumii und die sie umgebenden Läden, Laden- und Mietwohnungen liegen knapp außerhalb der sog. Altstadt, deren hypothetische Grenze im späteren Stadtbild durch die Via dei Teatri, die die Insula im Westen begrenzt, angegeben ist. Die Via dei Teatri mündet im Süden in das Areal des Foro Triangolare, einer Platzanlage, die seit der Frühzeit der Stadt durch die Präsenz eines dorischen Tempels, der Hercules und Minerva geweiht war, gekennzeichnet ist. Im Lauf des 2. Jhs. v.Chr. wurden in näherer Umgebung des untersuchten Baukomplexes der Casa dei Postumii weitere Bauten für die Bürgerschaft Pompejis errichtet (Propylon und Großes Theater am Tempelbezirk; Samnitische Palästra; Stabianer Thermen; Republikanische Thermen; Vorgänger des späteren Isistempels). An den in imposante Quaderfassaden eingebetteten Ladenreihen entlang der Via dell'Abbondanza und Via Stabiana ist zudem ein ausgesprochen merkantiler Charakter des Stadtgebiets kenntlich.
Ein bedeutender Einschnitt in die Bau- und Nutzungsgeschichte des untersuchten Areals ist das Erdbeben von 62 n. Chr. Offenbar wurden die Parzellen im westlichen Teil der Insula VIII 4 so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass ein weitgehender Neubau der Strukturen notwendig wurde. Im Zuge der Instandsetzungsarbeiten wurden die Wände im gesamten Anwesen neu dekoriert (4. Stil). An der Fassade der Casa dei Postumii liefern Mauerwerk und epigraphischer Befund Hinweise auf ein weiteres Erdbeben in den 70er Jahren. Die Katastrophe von 79 n.Chr. hat die oberen Geschosse des Baukomplexes weitgehend zerstört, von denen sich nur wenige Reste im Nord- und Südosten des untersuchten Areals erhalten haben.
Raum
Das Untersuchungsgebiet liegt an einer der Hauptstraßen der antiken Stadt Pompeji. Es umfasst das westliche Drittel der neuzeitlich bezifferten Insula 4 der Regio VIII (Einheiten: VIII 4, 1-6. 35-53). Das zentral im untersuchten Areal gelegene Wohnhaus, die Casa dei Postumii, öffnet sich auf die im Norden angrenzende Via dell'Abbondanza, eine der beiden in West-Ost-Richtung verlaufenden großen Verkehrsachsen der Stadt (decumanus inferior). Im Bereich der Insula erweitert sich diese Straße zu einer verkehrsberuhigten, platzartigen Anlage, deren östliches Ende ein Vierpfeilermonument markiert. Nördlich der Straße liegen die Stabianer Thermen. Im Osten führt die Via Stabiana an der Insula entlang, eine breite Verkehrsader, die das nördlichste und das südlichste Stadttor miteinander verbindet (Porta Vesuvio und Porta Stabiana). Im Westen der Insula verläuft eine schmälere Straße, die als Ringstraße, einen Bogen beschreibend, das Theaterviertel südlich der Insula mit dem Nordende des Forums verbindet. Im Süden wird die Insula von der sog. Via del Tempio di Iside gesäumt, auf die sich zum Zeitpunkt der Verschüttung der Stadt nicht nur der mit einem Propylon geschmückte Zugang zum Foro Triangolare und dem Theaterviertel öffnete, sondern über die auch die Samnitische Palästra, der Isistempel und die summa cavea des Theaters zugänglich waren.
In diesem von bedeutenden Verkehrsadern und öffentlichen Bauten gekennzeichnetem Stadtareal liegt die Casa dei Postumii, ein mittelgroßes Wohnhaus mit Atrium und Peristyl, das im Norden, Westen und Süden von einer Reihe von Läden, Werkstätten, Laden- und Obergeschosswohnungen umgeben ist, die mit dem Haus zum Teil physisch zum Teil architektonisch eng verbunden sind.
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