Stadtforschungen in Baalbek/Heliopolis

Blick nach Nordosten über die römische Therme zum Bacchustempel und dem Jupiterheiligtum. © DAI Orient-Abteilung // H. Wienholz

Raum & Zeit

Die Besiedlung Baalbeks ist frühestens seit dem Ende des 8. Jts. v. Chr. nachzuweisen. Im alten Siedlungshügel, der heute vom römischen Altarhof eingefaßt ist, findet sich Keramik vom Neolithikum (PPNB) bis in die Eisenzeit, so daß man sagen kann, daß in Baalbek in allen Epochen Menschen siedelten.

Mit der Einrichtung der Provinz Syria durch Pompeius Magnus im Jahre 63 v. Chr. geriet auch Baalbek in den Einfluß der römischen Kultur. Es ist anzunehmen, daß es bereits römische Siedler hier gab, als mit der Einrichtung der Colonia Iulia Augusta Felix Berytos (Beirut) im Jahre 15 v. Chr. auch Heliopolis samt Umland vereinahmt wurde. Mit der Ansiedlung römischer Veteranen wurde nun Latein offizielle Amtssprache, wie sich in den Inschriften zeigt.

Seit der augusteischen Zeit prägen die großen Baumaßnahmen das Stadtbild. Das Jupiterheiligtum wurde für über 200 Jahre zu einer Baustelle, an der sich in mehreren Phasen immer wieder Planänderungen vollzogen. Auch die Umgebung wurde sukzessive verändert, vor allem in der Zeit der severischen Kaiser (193 n. Chr. – 235 n. Chr.). Die wichtigsten Bauwerke dieser Zeit sind der sog. Bacchustempel, die Thermen und wohl auch der Rundtempel sowie der Merkurtempel. Insgesamt lassen sich in Baalbek mindestens sechs Tempel nachweisen.

Im Verlauf der Christianisierung seit dem 4 Jh. n. Chr. war Baalbek lange Zeit ein Ort der paganen Beharrung, es sind heftige Kämpfe zwischen Heiden und Christen bezeugt. Mehrere Kirchenbauten sind literarisch bekannt, eine große christliche Basilika wurde im Altarhof des Jupiterheiligtum über und aus den Resten der großen Turmaltäre gebaut.

635 wurde Baalbek von den Arabern erobert, blieb aber eine prosperierende Stadt. Im 12.–14. Jh. n. Chr. wurden Das Jupiterheiligtum und der sog. Bacchustempel zusammengefaßt und in eine große Burg umgewandelt. Diese Festung diente den in Damaskus residierenden ayyubidischen und mamlukischen Sultanen als Grenzfeste gegen die Kreuzfahrerstaaten. In der Zeit nach der Eroberung durch die Osmanen 1517 verlor Baalbek an Bedeutung, und im 17.–19. Jh. verarmte die Stadt zunehmend.

Erneuten Aufschwung in der Bautätigkeit Baalbeks gab es erst in der 2. Hälfte des 19. Jh. mit der Zunahme des touristischen Interesses an den Heiligtümern, die durch viele Zeichnungen in Europa bekannt waren. Zu Beginn des 20. Jh. hatte Baalbek mit schiitischen und sunnitischen Muslimen sowie Christen verschiedener Konfessionen etwa 5000 Einwohner. Jede Glaubensrichtung dominierte einzelne Stadtteile, eine Ordnung, die sich erst während des libanesischen Bürgerkrieges (1975–1990) änderte.

Baalbek liegt auf 1140 m Höhe in der nördlichen Beqaa-Ebene zwischen den Gebirgsketten des Libanon und Antilibanon. Es befindet sich am Ostrand der Ebene nahe der Wasserscheide der Flüsse Leontes (Nahr Litani) und Orontes (Nahr el-Asi) sowie in unmittelbarer Nähe der beiden starken Quellen Ras el Ain und Ain el-Juj, die das Umland zu einem fruchtbaren Ackerbaugebiet machen, welches sich von Baalbek aus nach Süden hinzieht und in starken Gegensatz steht zu der kargen und trockenen Ebene nördlich von Baalbek.

Zentrum der historischen Siedlung war ein über Jahrtausende angewachsener Siedlungshügel (Tell), der schließlich vom Altarhof des römischen Jupiterheiligtums umschlossen wurde. Von augusteischer bis severischer Zeit, also den ersten beiden nachchristlichen Jahrhunderten, war Baalbek administrativ mit Beirut verbunden, es gab also eine zwischen beiden Orten koordinierte Nutzung des fruchtbaren Teiles der Beqaa-Ebene.

Heute ist Baalbek mit dem ehemaligen Vorort Douris zu einem Siedlungskonglomerat zusammengewachsen. Neben der zunehmenden Zersiedelung gibt es um Baalbek aber auch noch kleine, dorfähnliche Siedlungen, die sowohl in der fruchtbaren Ebene als auch im Hügelland am Fuß des Antilibanon-Gebirges liegen und Zugang zu Produkten aus Weidewirtschaft, Obstplantagen sowie Olivenöl und Wein verschaffen.

Bis heute werden die oberirdisch anstehenden Schichten von Nummuliten-Kalkstein, die bereits in der Antike als Steinbrüche genutzt wurden, abgebaut.

Baalbek liegt wie auch in der Antike abseits der großen Verkehrsrouten, die Anbindungen sind vielmehr von regionaler Bedeutung. Selbst innerhalb der Beqaa-Ebene stand der Siedlungsplatz bis zur römischen Zeit an Größe und Bedeutung hinter anderen Siedlungen zurück. Die wichtigsten antiken Verbindungen führten über das Libanongebirge vor allem nach Beirut und zur phönizischen Küste, nach Norden zum antiken Emesa, dem heutigen Homs, sowie nach Damaskus im Südosten.

Baalbek wird sowohl in der Geographie des Claudius Ptolemaios als auch in der spätantiken Landkarte tabula peutingeriana unter dem griechisch-römischen Namen Heliopolis verzeichnet.