Forschung
Im Jahre 1914 wurde Hamadab erstmals wieder entdeckt. John Garstang von der Universität Liverpool führte großflächige Ausgrabungen im benachbarten Meroe durch und veranlasste auch Sondagen in Hamadab, welche einen kleinen Tempel und zwei Stelen zum Vorschein brachten. Die von ihm ausgegrabenen Stelen befinden sich heute im British Museum London und im Nationalmuseum von Khartum. Sie tragen eine Inschrift der Königin Amanirenas und des Prinzen Akinidad (ca. 20 v. Chr.), welche den bisher längsten bekannten Text der noch kaum verstandenen meroitischen Sprache darstellt. Darauf wird der Krieg der Meroiten mit Rom um 25-21 v. Chr. erwähnt, was wesentlich zum Bekanntheitsgrad von Hamadab innerhalb der archäologischen Wissenschaft beitrug. Aufgrund des Ersten Weltkrieges verließ John Garstang den Sudan und in Hamadab ruhten die Forschungen bis zum Ende des 20. Jh..
Auf eine Initiative der Shendi Universität und der Humboldt-Universität zu Berlin im Jahr 2001 ist die archäologische Feldarbeit in Hamadab wiederbelebt worden. Private Spenden, verschiedene Kooperationspartner und die freiwillige Initiative von Studierenden und Wissenschaftlern trugen das Projekt in den ersten Jahren. Die Forschungen konzentrierten sich in dieser Zeit auf die Kartierung der Stadt durch großflächige Oberflächenschürfe, geophysikalische Prospektionen und einzelne stratigraphische Sondagen. Die Zusammenarbeit mit dem DAI-Projekt Meroe Royal Baths rief im Jahr 2008 ein gemeinsames Projekt ins Leben, welches durch das DAI und die DFG kofinanziert wurde. Seitdem ist das Projekt am DAI verankert und konnte seinen Fokus vermehrt auf die aufwendigere stratigraphische Erforschung der Stadtgeschichte legen. Ein Team der UCL Qatar erforscht seit 2012 die meroitische Eisenverhüttung auf dem Nordhügel. Seit 2013 ist das archäologische Projekt Hamadab an der Orient-Abteilung des DAI angesiedelt und wird von dem Qatar Sudan Archaeological Project gefördert. Im Jahr 2014 wurde eine Kooperation mit der Beuth Hochschule für Technik etabliert.
Von Beginn an konzentrierten sich unsere Forschungen auf die bislang unbekannte Morphologie und Geschichte der Stadt. Besonderes Augenmerk lag dabei auf den weniger spektakulären aber aussagekräftigen Wohnquartieren, welche wertvolle Informationen über das Alltagsleben der Bewohner, ihre soziale Organisation und Tätigkeiten, ihre Ernährung und materielle Kultur liefern. Ab 2013 wurden Untersuchungen des Hinterlandes, dessen Topographie, Flächennutzung und Umweltentwicklung, in die Forschung einbezogen.
Unser transdisziplinärer Ansatz umfasst archäologische, geo-ökologische und ethnographische Studien. Durch großflächige Oberflächenschürfe konnte ein Großteil der Stadt im Detail kartiert werden. Diese Arbeiten wurden durch nicht-invasive geophysikalische Prospektionen wie Magnetometrie, Geoelektrik und Bodenradar ergänzt, wobei sich das Georadar dabei als besonders effizient in der Aufnahme unterirdischer Lehmziegelmauern bis zu einer Tiefe von 0,6 m erwies. Das Ineinandergreifen der verschiedenen Arbeitsmethoden brachte den vollständigen Stadtplan von Hamadab zum Vorschein. Als eine der wenigen Städte seiner Zeit können wir eine detaillierte Karte der gesamten Siedlung präsentieren und analysieren.
Darüber hinaus geben die bis zu 5 m tiefen Grabungsschnitte an bestimmten Schlüsselstellen der Stadt, wie dem Tempel, den Wohnquartieren oder der Befestigungsanlage, Aufschlüsse über die Geschichte, die Funktionen und die Bauweise der Gebäude. Die Ausgrabungen werden mit konventionellen Handzeichnungen dokumentiert und durch Fotogrammmetrie, Ortho-Fotos und 3D-basierten Aufnahmetechniken ergänzt.
Radiokarbon- (AMS) und OSL-Datierungen tragen dazu bei, das kalendarische Alter von Artefakten und Ablagerungen zu bestimmen. Details zur Ernährung der Anwohner, der Zubereitung von Speisen sowie zu den Anbaukulturen lassen sich durch die Analyse von Tierknochen und botanischen Resten erschließen. Archäometrische Analysen von Keramikscherben konnten lokale Tonvorkommen und verschiedene Rohstoffe identifizieren, während unterschiedliche Eisenverhüttungstechnologien durch spezielle archäometallurgische Feld- und Labormethoden der UCL-Qatar Mission studiert wurden.
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