Ergebnisse
Ländliches Heiligtum lokaler Prägung
Durch die Grabungen wurde der westliche Randbereich eines kleinen Heiligtums freigelegt, dessen Zentrum sich offenbar unter den Gebäuden der heutigen Schule befand und deshalb nicht erforscht werden konnte. Da dieser Randbereich des Heiligtums keine spätere antike Bebauung aufwies und erst seit den 1950er Jahren wieder genutzt wurde – nun als Gartenland – war die Erhaltung der antiken Befunde außerordentlich gut. So konnten mehrere in Baktrien bisher einzigartige Befunde entdeckt werden, die einen wertvollen Einblick in die Kultpraxis hellenistischer Zeit geben: Neben zwei in den Boden getieften und mit Kalkmörtel abgedichteten Wasserbecken wurde ein Kultschacht freigelegt, in dem mehrere Weihgaben deponiert waren. Dieser Schacht bestand aus einem kopfüber in den Boden gesenkten Vorratsgefäß, dessen dann oben liegender Boden sorgfältig abgearbeitet wurde, so dass erneut eine Öffnung entstand. Unter den Weihgaben befanden sich auch Kiesel, die offenbar aus dem Fluss Vachš stammten. Dieser in der Antike als Gott verehrte Fluss verläuft zwar nur 20 km östlich von Torbulok, konnte aber nur auf einem beschwerlichen Fußweg über die Berge erreicht werden. Die Kieselweihungen bilden also sowohl einen Hinweis auf den Einzugsbereich des Heiligtums, als auch auf die Bedeutung des Wassers im Kult. Zehn Meter südlich des Kultschachts befand sich ein kleiner, an die westliche Heiligtumsmauer angrenzender Kulthof. Auf dem hellen Estrich dieses Hofes wurden mehrere Miniaturaltäre und auch Fragmente anderer Weihgaben entdeckt, die offenbar nach einem Hangrutsch nicht geborgen worden waren. Schließlich wurden auch mehrere rechteckige Gruben entdeckt, die beiderseits einer Feuerstelle (Altar?) in zwei Reihen angeordnet waren. Ihre akkurate Form und merkwürdige Anordnung sprechen für ihre kultische Bedeutung, die aber nicht abschließend geklärt werden konnte. Insgesamt spiegeln diese bei den Grabungen freigelegten Befunde offenbar lokale, baktrische Kulttraditionen. Gleichzeitig belegen das Perirrhanterion und einige der Kleinfunde eine Orientierung an und Verbindung zu den größeren baktrischen Heiligtümern.
Durch die im Rahmen einer Dissertation unternommenen Studien der Fundkeramik konnte das Heiligtum in die Zeit zwischen etwa 230 und 130 v. Chr. datiert werden. Danach wurde der Betrieb des Heiligtums aufgegeben – möglicherweise infolge von geringen tektonischen Veränderungen, die zum Versiegen einer oberhalb des Heiligtums entspringenden Quelle führten.
Projekt exportieren