Das Heiligtum des Iupiter Optimus Maximus Heliopolitanus in Baalbek/Heliopolis

Die erhaltenen 6 Säulen des römsichen Jupiter-Tempels über dem hohen Podium. © DAI, Orient-Abteilung // I. Wagner

Ergebnisse

Die Untersuchung der Ornamentik konnte für den Jupitertempel einen neuen Datierungsansatz liefern. Im Gegensatz zu der seit 1914 als gültig angesehenen augusteischen Datierung muß der Tempel - auch belegt durch die Inschrift aus dem Jahr 60 n. Chr. - eher als ein flavischer Bau angesehen werden, wobei ein methodischer Neuansatz darin besteht, einem solch großen und komplexen Bau durch eine eher unscharfe Datierung gerechter zu werden. Eine Zuweisung des Tempels in die zweite Hälfte des ersten nachchristlichen Jahrhunderts wäre demnach sogar genauer.

Die hohe Qualität der Arbeit zeigt den souveränen Umgang der Seinmetzen mit dem Material, ihre künstlerische Meisterschaft sowie ihre umfangreiche Phantasie. Einer großen Menge an genormten Formen stehen individuelle Ausführungen entgegen - die Abakusblüten an den Ringhallenkapitellen, die Protomen im Fries, die Löwenkopfwasserspeier oder die Girlanden sind jeweils individuelle Ausführungen. Da es sich dabei dann um Arbeiten ohne eine schematische Vorlage handelt, ist natürlich auch eine hohe Fehlerrate zu verzeichnen. Diese wiederum ist ein Ansatzpunkt zur Rekonstruktion von Arbeitsprozessen. es zeigt sich also, daß die Steinmetzen eine relativ große Freiheit hatten, eigene Vorstellungen umzusetzen, denn es ist unwahrscheinlich, daß alle Abweichungen übergeordnet geplant waren.

Zu den Fehlerprozessen gehört auch die an vielen Stellen auffällige Unfertigkeit der Details. Hierbei konnte in der Verbindung mit dem datierenden Graffitto eine historische These erarbeitet werden: der Bau am Übergang zwischen der neronischen und der flavischen Zeit ist ein Zeugnis für eventuelle Sparmaßnahmen,, die reichsweit historisch belegt sind. Dieser Gedanke läßt sich mit der Unfertigkeit des riesigen Podienmantels koppeln - auch dort wird wohl der wirtschaftliche Aspekt ausschlaggebend für den Abbruch der Arebiten gewesen sein.

Ein wesentliches inhaltliches Ergebnis ist die erstmalige Interpretation des Frieses. Es wurde der Vorschlag erarbeitet, eine dezidierte politische Botschaft in der sehr komplexen und einmaligen (nur am Bacchustempel als Referenz zitierten) Gestaltung zu sehen. Die Colonia Berytus (Beirut) als Auftraggeber des Baus wollte seine auf römischer Macht aufbauende Kontrolle über die Fruchtbarkeit des westlichen Orients zum Ausdruck bringen.

Zuletzt ist noch auf einen baulichen Aspekt zu verweisen. Da vom Jupitertempel nur noch sechs Säulen der Südhalle stehen, ist die Form des Tempels zwar bildlich von Münzbildern bekannt, die Cella aber nicht mehr vorhanden. Durch die Benennung eines Antenkapitells, die vorgeschlagene Zuweisung eines ionischen Halbsäulenkapitells zu einem Adyton syrischer Form sowie die Rekonstruktion des durch Bruchstücke belegten Türrahmens konnten weitere Beweise für die Existenz der Cella vorgelegt werden.