Die römischen Thermen in Baalbek/Heliopolis

© DAI, Orient-Abteilung // I. Wagner

Forschung

Im Gebiet des sog. Bustan el Khan wurden zu Beginn der 1960er Jahre antike Überreste gefunden, die der Anlass für eine groß angelegte Grabung durch die libanesische Antikenverwaltung waren. Diese wurden maßgeblich von Haroutune Kalayan bis zum Beginn des libanesischen Bürgerkrieges 1975 geleitet wurde. Es wurden im Wesentlichen zwei römische Großbauten freigelegt, ein großes Bankettgebäude im Süden des Geländes und in direkter nördlicher Nachbarschaft eine große Thermenanlage. Bereits während des Grabungsverlaufes wurde mit Teilrekonstruktionen einzelner Elemente, wie z.B. der zwölfsäuligen Porticus, begonnen und somit eine touristisch nutzbare Kulissenarchitektur geschaffen.

Die Ausgrabung war bereits Anfang der 1970er Jahre nahezu abgeschlossen. Die Dokumentation beschränkt sich jedoch auf einen Plansatz von Bauaufnahmen, der verschiedene Stadien des Ausgrabungszustandes zeigt. Eine wichtige Quelle für den Grabungsfortschritt und die Rekonstruktionsmaßnahmen ist das umfangreiche Fotomaterial der libanesischen Antikenverwaltung. Aus nahezu 1600 Aufnahmen können der Grabungsverlauf wie auch heute verlorene oder abgetragene Architekturelemente rekonstruiert werden. Spätestens gegen Ende 1975 kamen die Dokumentations- und Restaurierungsmaßnahmen im Bustan el-Khan zum Erliegen.

Die Arbeiten im Bustan el-Khan wurden im Jahr 2002 im Zuge der Wiederaufnahme der Arbeiten durch das DAI weitergeführt. Dabei wurde der Komplex erstmals als ein monumentales römisches Bad benannt. 

Von 2008 bis 2016 wurde die bauhistorische Forschung an der römischen Therme von Clemens Brünenberg im Rahmen eines Dissertationsprojektes weitergeführt. Diese Arbeit umfasste vor allem die partielle Neuaufnahme von Bereichen, die für das Verständnis des Baugefüges von Bedeutung sind, sowie die Erstellung eines Raumbuches als Grundlage für die Baubeschreibung und Phaseneinteilung.

Unterstützende archäologische Arbeiten finden seit der Sommerkampagne 2008 in Form von gezielten Sondagen statt. Daneben werden im Gebiet des "Bustan el-Khan" - wie auch im übrigen Stadtgebiet - Fragestellungen der Wasserversorgung und -technik untersucht.

Die Thermenforschung in der Levante erlebt derzeit einen produktiven Schub, ermöglicht durch zahlreiche parallel laufende Projekte internationaler Forscherteams. Das Ziel des Projektes in Baalbek ist eine umfassende bauhistorische Untersuchung der Thermenanlage und ihrer Nachnutzungsphasen als Grundlage für eine zeichnerische Rekonstruktion des Gebäudes in seinen unterschiedlichen Nutzungsphasen. Weiterhin soll die Thermenanlage in den übergeordneten städtebaulichen Kontext sowie in die Thermentypologie der Levante eingeordnet werden.

Architrav aus severischer Zeit
Der Architrav kann vermutlich den anschließenden Seitenhöfen zugeordnet werden. © DAI
Ausschnitt aus der Ostfassade
Die Nischenarchitektur der Ostfassade ist klar erkennbar. © DAI
Komplex ineinandergreifendes Gebälk der Porticus
© DAI
Pilae eines freigelegten Hypokaustensystems
© DAI, Orient-Abteilung // I. Wagner
Porticus vor der römischen Therme
Die in Sturzlage gefundenen Säulen wurden nach der Ausgrabung durch die libanesische Antikenverwaltung in den 1960er und 1970er Jahren wieder aufgerichtet. Sie dominieren heute das Bustan el-Khan genannte Areal. © DAI, Orient-Abteilung // I. Wagner