Bronze- und früheisenzeitliche Hortfunde der Kolchis-Kultur in West- und Zentralkaukasien

Raum & Zeit

Räumlich sind Horte in Südskandinavien, den Britischen Inseln, Frankreich, der Nordwesten der Iberischen Halbinsel, Mitteleuropa sowie in Südosteuropa konzentriert. Der mediterrane Raum blieb weitgehend von den bronzezeitlichen Deponierungen.

Die Grenzen des Phänomens der Niederlegung von Metallobjekten sind noch nicht ausreichend erfasst. Der neu entdeckte Kultort Shaitanskoye Ozero II im Transural ist deswegen von großer Bedeutung. An einem Seeufer wurden im frühen 2. Jt. v. Chr. zahlreiche Metallobjekte, vor allem Dolche, Lanzenspitzen und Beile niedergelegt .Sie wurden teilweise vollständig und unversehrt, teilweise aber auch absichtlich zerbrochen und fragmentiert deponiert. Sie zeigen ein überraschend großes Spektrum vielfältiger Praktiken, wie sie aus mitteleuropäischen Deponierungen bekannt sind. Es gibt in der Region einige weitere Horte, doch ist noch nicht von einer eigenen Hortprovinz zu sprechen. Dennoch stellt sich hier konkret die Frage nach den Formen des Wissenstransfers zwischen Ost und West: wie wurden Praktiken der Deponierung über so große Entfernungen vermittelt?

Die gleiche Frage stellt sich für eine weitere östliche Grenze der Hortung. Vornehmlich in Westgeorgien und in geringerem Umfang in der heutigen Nordost-Türkei wurden erstmals im 2. Jt. v. Chr. in der westgeorgischen Kolchis- bzw. der nordkaukasischen Koban-Kultur Horte niedergelegt. Diese Horte sind insofern isoliert, weil im nordpontischen Steppenraum sich Horte nur in geringer Zahl finden.

Es handelt sich um 165 Horte mit insgesamt etwa 1800 Objekten, die noch einer wissenschaftlichen Erschließung harren. Während die Horte der Koban-Kultur vorgelegt wurden fehlt ein moderner Katalog der kolchischen Funde.

Es geht hier um die vollständige Erst- und Neuvorlage der bronze- und früheisenzeitlichen Horte der Kolchis-Kultur in West- und Zentralkaukasien. Diese wird auch Licht auf das Gesamtphänomen der Horte in Europa werfen.

Der Kaukasus: Forschungen in einer bronzezeitlichen Kulturlandschaft

Die bronze- und früheisenzeitlichen Kulturerscheinungen des Kaukasus waren schon im 19. Jh. im Blickfeld der europäischen Archäologie. Insbesondere Ernest Chantre und Rudolf Virchow sind in diesem Zusammenhang als Ausgräber von Nekropolen zu nennen. Das berühmte frühbronzezeitliche Grab von Maikop war seit seiner Entdeckung im späten 19. Jahrhundert immer wieder Gegenstand der internationalen Forschung. Dennoch war die Beschäftigung mit der Region, die einerseits eine Brückenfunktion zwischen den mesopotamischen „Hochkulturen“ und den pontischen Steppenkulturen und Europa besitzt und andererseits Teil des Schwarzen Meeres und der damit verbundenen Kontaktzonen ist, aufgrund der politischen Spaltung Europas bis zum Fall des Eisernen Vorhangs nicht einfach. Auf Initiative von Hermann Müller-Karpe konnten Themen der georgischen Archäologie in der Monographienreihe der damaligen Kommission für Allgemeine und Vergleichende Archäologie erscheinen. Georg Kossack setzte sich mit skythenzeitlichem Formengut im Kaukasus auseinander und sorgte dafür, dass die umfassende Übersicht von Otar Lordkipanidze über die Archäologie in Georgien 1991 auf Deutsch erscheinen konnte. Der Bedeutung des Kaukasus als Brückenregion haben auch mehrere deutsche Grabungen der Universitäten Halle, Tübingen und Bochum sowie der Eurasien-Abteilung des DAI und der NHG Nürnberg in Georgien Rechnung getragen. Sicher haben auch die exzellenten Arbeitsbedingungen im Land dabei eine Rolle gespielt. Die Ergebnisse dieser Ausgrabungen sind überregional von Bedeutung. So konnte im Kvemo Kartli das bislang älteste Goldbergwerk (4. Jt. v. Chr.) dokumentiert werden.

Ausstellungen in Saarbrücken (und Bochum haben die Archäologie Georgiens auch in Deutschland einem breiteren Publikum bekannt gemacht. Ausstellungen in Frankfurt 2018 werden dies fortsetzen. Aufgrund der ökonomischen Krise nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion konnten die georgischen Institutionen in der Regel keine größeren archäologischen Untersuchungen mehr durchführen und mussten sich auf Rettungsgrabungen vor allem entlang des Pipelinebaus konzentrieren. Die Publikation ergrabener Materialien und von Altfunden bleibt in Georgien ein dringendes Desiderat.

Die bronzezeitliche Kultursequenz im Südkaukasus mit der frühbronzezeitlichen Kura-Araxes-Kultur, der mittelbronzezeitlichen Bedeni- und Trialetikultur sowie den Pendants im Nordkaukasus (Maikop, Nordkaukasische Kultur, Katakombengrabkultur) ist auch für die Kulturentwicklung in Mitteleuropa von großer Bedeutung, wie in den letzten Jahren zunehmend deutlich geworden ist (Hansen u.a. 2010). Nicht zuletzt haben die Aufsehen erregenden Ergebnisse der Paläogenetik die kulturgeschichtliche Bedeutung dieses Raums hervorgehoben.

Der Kaukasus spielte eine wichtige Rolle in der Entwicklung der Metallurgie. Sowohl in der Früh- und Mittelbronzezeit des 4.-3. Jt. v. Chr. sind im Kaukasus Horte kein Bestandteil des kulturellen Umgangs mit dem Metall (anders als im Karpatenbecken oder Norddeutschland). Im zweiten Viertel des 2. Jt. v. Chr. treten in Westgeorgien erstmals Horte in Erscheinung und bleiben ein kultureller Bestandteil bis in das frühe 1. Jt. v. Chr. Den weiteren Kontext haben zwei Monographien zur Spätbronze- und Früheisenzeit im Kaukasus erschlossen. Horte sind im bronzezeitlichen Kaukasus also eine „späte Innovation“.