BIOARCAUCASUS: Mobilität, Migration und demografischer Wandel in der Bronzezeit im Nordkaukasus

Vieherden grasen im Hocgebirge des Kaukasus © DAI Eurasien-Abteilung // Sabine Reinhold

Forschung

Forschungsziele

Ziel der Untersuchungen von BIOARCCAUCASUS war es, das expansionistische Bild der eurasischen Bronzezeit kritisch zu prüfen und sein zentrales Paradigma – umfangreiche Völkerwanderungen – zu hinterfragen. Hierzu wurden insbesondere Skelettserien bronzezeitlicher Kulturgruppen aus der weiteren Kaukasusregion untersucht. Die Konzentration auf die menschlichen Überreste ist zunächst einem quellenbedingten Problem geschuldet. Aus den meisten bronzezeitlichen Kulturen des 4. und 3. Jahrtausends v. Chr. sind Siedlungen erentwed unbekannt oder nur sehr schlecht erforscht, so dass die Grabfunde die wichtigsten, teilweise die einzigen Quellen zur Kenntnis dieses Zeitraums sind. Zum anderen erlaubt aber die Analyse verschiedener stabiler Isotope an den Skeletten die Rekonstruktion von Ernährungsgrundlagen, Mobilitätsradien, sowie der damit einhergehenden wirtschaftlichen Strategien. Daneben gibt die klassische anthropologische und paläopathologische Diagnose der Skelettreste weitere Informationen über wirtschaftlichen Aktivitäten und die entsprechende Arbeitsbelastung. Die bioarchäologische Perspektive eröffnet, Einblicke in die historische Lebensrealität der damaligen Menschen.

Methoden

Gräber sind bedeutende Quellen, denn sie bergen neben Informationen über die soziale und kulturelle Zugehörigkeit einer verstorbenen Person wertvolle biologische Archive. Sowohl die menschlichen Skelette wie die in den Gräbern beigegebenen Tiere liefern Informationen über ihren Gesundheitszustand, Aktivitäten, Demographie und andere Aspekte. Dazu zählen auch Indikatoren für Mobilität und Migration wie z.B. Wagenbeigaben oder das Vorhandensein von Zugtieren respektive Pathologien und Aktivitätsmerkmale die auf Laufen oder Reiten verweisen. Diese Studie zielte neben der traditionellen anthropologischen Bestimmung von Skeletten  darauf, archäologische, anthropologische und bioarchäologische Kriterien zu kombinieren um Auskunft über Mobilitätsradien und etwaige Migratione zu erkennen.

Für die Studie wurden systematische Analysen an stabilen und radiogenen Isotopen durchgeführt. Kohlenstoff- und Stickstoff-Isotopenverhältnisse (δ13C, δ15N) im Kollagen von Knochen oder Zähnen erschließen die Anteile der konsumierten Proteine und damit die Ernährungsweise. Sie erlauben Rückschlüsse auf die Zusammensetzung und Herkunft der Nahrung und damit den Anteil an lokalen und nicht lokalen Nahrungsmitteln. Daraus resultieren Erkenntnisse über individuelle und soziale Unterschiede und den Grad von Mobilität in ur- und frühgeschichtlichen Gruppen.

Zur Feststellung individueller Mobilität von Menschen und von Tieren kamen zudem Strontium- und Sauerstoffisotopenanalysen zu Einsatz. Dies sind die bekannteren Methode zum Studieum von räumlicher Mobilität. In den Strontiumwerten spiegeln sich die geologischen Verhältnisse der Orte, an denen Tier und Menschen gelebt haben. Die Sauerstoffwerte ergänzen klimatische Infromationen, zur Höhenlage und der Distanz zu Ozeanen.

Bioarcaucasus Gruppenfoto
Das BIOARCAUCASUS Team © MPI für Evolutionäre Anthropologie // Wolfgang Haak
Pflanzen aus der Steppe zeigen besondere Isotopensignale © DAI Eurasien-Abteilung // Sabine Reinhold
© GUP Nasledie // A. V. Yakovlev
Vorbereitung von Proben im Labor © Curt-Engelhorn Zentrum für Archäometrie e.V. // Corina Knipper
Isotopendaten im Verlauf der Zeit. Ab dem 4. Jt. v.Chr. entwickeln sich zwei Wirtschaftsräume in der der troecknen Grasseppen und den feuchten Krautsteppen des Vorgebirges © DAI Eurasien-Abteilung // Corina Knipper, Sabine Reinhold