5. Wissenschaftliches Netzwerk "Essen in Anatolien" (2017-2019)

© Deutsches Archäologisches Institut, Abteilung Istanbul // B. Ludwig

Forschung

Ernährung ist ein menschliches Grundbedürfnis und insofern potentiell prägend für alle Gesellschaften. Dennoch sind Forschungsansätze, die nach dem breiten Spektrum an Interdependenzen zwischen Ernährung und Kultur fragen, in den Altertumswissenschaften bislang noch die Ausnahme. Das Netzwerk »Essen in Anatolien und seinen Nachbarregionen« widmet sich diesem Desiderat. Unter Fokussierung auf die Kategorien »Räume«, »Objekte« und »Praktiken« sollen die Wechselbeziehungen an konkreten Fallbeispielen analysiert und interpretiert werden. Ziel ist es, den Einfluss eines menschlichen Grundbedürfnisses auf spezifische kulturelle Ausprägungen und historische Veränderungen in den Blick zu nehmen. Da Ernährung ein konstituierender Faktor im Verhältnis von Natur und Kultur ist, eröffnet der Ansatz des Netzwerkes zugleich einen neuen Zugang zu ökologischen Fragestellungen. Dafür bieten sich Anatolien und seine Nachbarregionen mit ihren vielfältigen makro- und mikroregionalen Landschafts- und Kulturräumen in besonderem Maße an.

Die thematische Bandbreite des Netzwerkes orientiert sich am Ernährungskreislauf selbst: vom Anbau und der Produktion von Lebensmitteln, ihrer Lagerung und Distribution über Zubereitung und Verzehr bis hin zum Umgang mit den anfallenden Hinterlassenschaften. Themen aus diesen heterogenen Bereichen sollen anhand der Betrachtung von räumlichen, objektbezogen oder performativen Aspekten zusammengeführt und damit für die interdisziplinäre und diachrone Diskussion fruchtbar gemacht werden. Studien und Projekte innerhalb des Netzwerkes können sich mit spezifischen Nahrungsspektren von Individuen und Gemeinschaften ebenso befassen wie mit geographisch-räumlichen Untersuchungen von Ernährungspotentialen bestimmter Landschaften, den Praktiken bei der Auswahl und Herstellung tierischer und pflanzlicher Nahrung oder der Gestaltung und den Funktionen von Orten des Speisens sowie mit Objekten wie Geschirr, Besteck oder Kochgerät. Darüber hinaus soll auch die reflexive Ebene Berücksichtigung finden, d. h. die Rolle von Ernährung im Kult oder in der öffentlichen Selbstdarstellung.