Raum & Zeit
Wirtschaftlich, kulturell und wissenschaftlich sind Griechenland und Deutschland seit dem 19. Jahrhundert eng miteinander verbunden. Schon vor der Gründung des DAI Athen im Jahr 1874 fand ein intensiver Austausch zwischen deutschen und griechischen Altertumswissenschaftlern statt. Deutsche Archäologen führten bahnbrechende Ausgrabungen in Griechenland durch und setzten neue Maßstäbe bezüglich Methodik, wissenschaftlicher Analyse und Typologie (z.B. Ludwig Ross, Heinrich Schliemann und Wilhelm Dörpfeld). Mitarbeiter des DAI arbeiteten eng mit der Athener Universität, den archäologischen Museen und Antikendiensten in Griechenland zusammen. Griechische Archäologen nahmen wiederum gerne Studienangebote und Stipendien in Deutschland wahr.
In der Zwischenkriegszeit (1918-1939) herrschte generell ein pro-deutsches Klima in Griechenland. Obwohl die Mehrheit der griechischen Bevölkerung sich kulturell eher an Frankreich orientierte, zog es viele griechische Wissenschaftler in den 20er und 30er Jahren nach Deutschland. Großer Wertschätzung erfreuten sich die Universitäten in München, Heidelberg und Berlin. Über die Hälfte der Athener Professoren war „γερμανομαθής“ und hatte ein Studium in Deutschland absolviert. Für griechische Archäologen war ein Studium in Deutschland häufig die Voraussetzung für eine Karriere im höheren Dienst. Griechische und deutsche Archäologen pflegten freundschaftliche Beziehungen. Ihr Verhältnis zeichnete sich durch Vertrauen und Respekt aus.
Spannungen zeichneten sich bereits 1939 bei Ausbruch des 2. Weltkrieges ab. Eine Zäsur bedeutete der griechisch-italienische Krieg und die folgende Besatzungszeit in Griechenland. Während die Infrastruktur zugrunde ging, Hunderte von Dörfern zerstört wurden und über 400.000 Menschen umkamen, konnte offensichtlich noch wissenschaftlich gearbeitet werden. Es stellt sich die Frage, wie griechische, deutsche und andere ausländische Archäologen in Griechenland mit diesem Ausnahmezustand umgingen.
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