Castel Gandolfo – Die Villa des Domitian

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Die Kryptoportikus diente offenbar als ein groß angelegtes Vestibül, in dem der Kaiser seine Gäste im Rahmen der morgendlichen salutatio willkommen heißen und beschenken konnte. Ursprünglich in der Zeit der Republik bildete die salutatio den Morgenempfang der Klientel durch den Patron und in der Folge prägte sich ein bestimmtes Ritual aus. Als ein für solche Morgenempfänge geeigneter Bau konnte die Kryptoportikus in der Villa von Castel Gandolfo wahrscheinlich gemacht werden, die deutlich von Zuschnitt, Gestaltung und Einbettung in den Kontext die Veränderungen anzeigt. Denn die Konfrontation zwischen Patron und Klientel ist hier einem Beisammensein der Mitglieder der Klientel gewichen, bei dem der Patron, eben in seiner eigenen Villa Domitian, in weiter Ferne entrückt erscheint. Zugleich aber genoss bei Morgenempfang durch den Kaiser die Klientel zeitgenössischen Quellen folgend mit ihm gemeinsam otium, indem sie die verschiedenen Gruppen dieser Klientel sich in einer reich ausgestatteten Umgebung ergehen konnten. Allerdings war diese Umgebung ganz auf den Kaiser ausgerichtet. In diesen Bereichen wird also das Verhältnis von Herrscher und seinem Publikum besonders eindrucksvoll fassbar und macht deutlich, wie mit Hilfe der Räume Kommunikation strukturiert wurde.

Im Theater richtete der Kaiser vor einem ausgewählten Publikum seine Spiele aus. Dabei war es ihm möglich, einen bestimmten literarischen Geschmack zu beeinflussen oder auch zu kreieren und das Konzept des otium in einer neue Weise zu formieren. Da die Hinweise in der antiken Literatur zu diesem Fragenkomplex für weite Bereiche eher dürftig ist, auf der anderen Seite wegen der jeweils unterschiedlichen Beurteilung der Herrschers im Urteil ihrer Nachwelt vorbelastet und dadurch bisweilen extrem widersprüchlich ist, kommt der archäologischen Überlieferung zu dieser Frage eine zentrale Bedeutung zu.

Je nach Konstellation hat es unterschiedliche Diskursfelder gegeben, zu denen die Architektur den Rahmen und auch Teil der inhaltlichen Komponenten bildete. Diese Diskursfelder sind aber nun wiederum nicht einfach mit den Räumen kongruent, sondern überlagern sich gegenseitig. Entscheidend für eine historische Beurteilung der Bedeutung der Räume sind in diesem Zusammenhang die Verlagerungen bestimmter Qualitäten.

Villen dienen nach ihrer Definition her traditionell dem Rückzug auf das Land vom politischen Leben in der Stadt. Sie sollen also eigentlich Abgeschlossenheit und ein Feld für otium schaffen, bekanntermaßen nicht Freizeit, sondern Pflege eines vom Alltagsgeschäft abweichenden Lebensideals. Dieses römische Lebensideal war von griechischen Bildungsinhalten besetzt. Damit aber stellt sich die Frage, wie ein Herrscher, dem von der Definition seiner Aufgaben her eigentlich kein Rückzug vom politischen Leben möglich ist, sich in seiner Villa einrichten kann. In seinem Umfeld müssen folglich die traditionell mit den Villen verbundenen Diskurse für den Herrscher neu definiert werden.

Als Beispiel sei hier etwa der Bildungsdiskurs genannt, der sich etwa in den Villen der römischen Nobilität schlechthin, aber dann besonders in den Villen der Kaiser in der Adaption griechischer Literatur, bildender Kunst und als angemessen empfundener Lebensformen manifestierte. Während die früheren Kaiservillen unseres Wissens keine Theater enthielten – eine mögliche Ausnahme bildet bezeichnenderweise vielleicht Nero – , wird in der Villa des Domitian in Castel Gandolfo zum ersten Mal ein äußerst aufwendiger Bau dieser Art errichtet. In der Villa des Hadrian bei Tivoli sind gleich zwei Theaterbauten bezeugt.

Der eigentliche Kern der Villa, also der Bereich, in den der Kaiser sich möglicherweise zurückzog, ist so gut wie unbekannt. An der Gestaltung dieses Bereichs müsste sich ablesen lassen, ob der Kaiser innerhalb seiner Villa sozusagen in zwei Welten lebte, die eine der Außenwelt zugewandt und die andere seinen privaten Interessen vorbehalten, oder ob seine neue Stellung nicht auch diese Sphäre erfasste. Dies legen die weiteren Zeugnisse zumindest nahe. Dabei aber ist wiederum weniger entscheidend, ob es überhaupt eine private Sphäre eines Kaisers gab, sondern eher, wie dann dieser Bereich ausgestaltet war und welche Funktionen der Kernbereich einer Villa des Kaiser zu erfüllen hatte.

Bisher erlaubte die mangelnde Dokumentation der Reste und die Unzugänglichkeit des Terrains nur sehr allgemeine Vermutungen. Deshalb wurden die vorhandenen Mauerzüge, soweit sie sich im Gelände ausmachen lassen, entweder photogrammetrisch dokumentiert oder mit geodätischen Methoden eingemessen.

Zusätzlich haben einzelne, in dem genannten Terrain der Villa in Castel Gandolfo früher durchgeführte, aber niemals ausgewertete Grabungen Einblicke in die Ausstattung der einzelnen Bauten gewähren. Es lassen sich schon jetzt von ihrer Ausstattung her Versorgungsgänge von repräsentativen Trakten unterscheiden. Möglicherweise haben wir in andere Weise Konstellationen vor uns, wie sie später in anderer Weise aus der Villa des Hadrian in Tivoli bekannt sind.