Forschung
Seit dem 10. Jahrtausend entwickelte sich im so genannten Fruchtbaren Halbmond, einem Bogen von der Levante im Westen, über den Taurus im Norden bis zum Zagros-Gebirge im Osten die bäuerliche Wirtschafts- und Lebensweise. Sie löste die Jahrmillionen alte Existenzform des Menschen als Sammler und Jäger ab. Die Kultivierung von Getreide und die Domestikation von Tieren vollzog sich über einen mehrere Jahrtausende umfassenden Zeitraum. Der einflussreichste Archäologe des zwanzigsten Jahrhunderts, V. Gordon Childe, hat den Übergang von der jägerischen zur bäuerlichen Lebensweise treffend als "Neolithische Revolution" bezeichnet: nicht weil es ein rascher Wandel war, sondern weil es eine tief greifende, alle Lebensverhältnisse erfassende Umgestaltung war.
Seit dem 7. Jahrtausend breitete sich die bäuerliche Lebensweise sukzessive nach Westen, nach Anatolien und bis Griechenland sowie auf die Balkanhalbinsel aus. Während wir diesen Prozess der Westausbreitung des Neolithikums relativ gut nachzeichnen können, fehlt es an modernen Forschungsgrabungen nördlich und östlich des Fruchtbaren Halbmonds.
Die neuen Ausgrabungen in Aruchlo sind ein Beitrag, unsere Kenntnisse über die frühen Bauern im Kaukasus zu erweitern. Im Zusammenhang mit anderen Grabungen, die in Azerbajdžan, Iran und Turkmenistan geplant sind oder bereits durchgeführt werden, entsteht eine vergleichende Perspektive für die unterschiedlichen Anpassungsstrategien früher Bauern an ihre Umwelten.
Daher ist es auch ein vorrangiges Ziel der neuen Ausgrabungen in Aruchlo, möglichst viele für die Umweltrekonstruktion relevante Daten zu sammeln. Hierzu gehören botanische und zoologische Überreste, Sedimentuntersuchungen u. a. m. in einem durch Radiokarbondaten abgesicherten Datierungsgerüst.
Es ist daneben unser besonderes Anliegen, georgischen Archäologiestudenten die Möglichkeit zu geben, auf der Ausgrabung Praxiserfahrung zu sammeln.
In Aruchlo fanden Ausgrabungen unter der Leitung von T. N. Čubinisvili zwischen 1966 und 1976 und unter Leitung von D. Gogelia zwischen 1978 und 1985 statt. Die älteren Grabungen haben eine Zentralfläche und mehrere längliche Sondagen, welche der Erforschung einer Grabenanlage diente, geöffnet. Insgesamt wurden 936 Quadratmeter des Tells ausgegraben. Die in diesen Jahren erstellten Dokumentationen und die Funde sind durch ein Feuer im Grabungshaus jedoch weitgehend zerstört worden.
In den Grabungsflächen unterschieden die Ausgräber sechs Siedlungshorizonte von denen die beiden Obersten durch spätere bronze- und eisenzeitliche Eingriffe stark zerstört sind. In den ungestörten Schichten handelt es sich um Rundbauten verschiedener Größe und vermutlich verschiedener Funktion. Sie waren sehr dicht ohne erkennbare übergeordnete Struktur nebeneinander errichtet worden.
Seit 2005 führt die Eurasien-Abteilung des DAI jährliche Grabungskampagnen in Aruchlo durch.
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