FORSCHUNGEN AUF DER ARABISCHEN HALBINSEL - FORSCHUNGSZIELE

Historische Rekonstruktionen der Kulturen der Arabischen Halbinsel waren lange Zeit durch exogene Quellen gekennzeichnet. Die systematische Untersuchung von Forschungsfragen innerhalb des Untersuchungsgebiets trägt nun dazu bei, diese um eine endogene Perspektive zu bereichern.

Die wissenschaftlichen Fragestellungen fokussieren menschliche Anpassungsstrategien, Mobilität und Ressourcennutzung im Kontext von Klima- und Umweltveränderungen. Ausgrabungen, Sondagen, Surveys und naturwissenschaftliche Probennahmen bilden eine breite Grundlage für die Analyse und Auswertung.

Zur Umsetzung der Ziele finden Feldforschungen an bedeutenden Siedlungsplätzen und in den sie umgebenden archäologischen Landschaften statt. Sie nahmen ihren Ausgang in der Oase von Tayma, einem bedeutenden wirtschaftlichen und kulturellen Standort Nordwestarabiens, in einer hyperariden Klimazone an der Schnittstelle der Kontinente Afrika und Asien.

Elementarer konzeptueller Bestandteil bei der Implementierung der Forschungsziele ist die Entwicklung und Umsetzung langfristig angelegter Strategien zum Kulturerhalt.

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Oasenentstehung und Bewässerung

Bio-geochemische und palynologische Multiproxyanalysen in den Sedimenten des Paläosees von Tayma konnten den Beginn der Oasenkultivation in Tayma um etwa 4800 v. Chr. nachweisen, möglicherweise als Reaktion auf eine kurze holozäne Feuchteperiode in dieser Region um 6.000 v. Chr. Auf den Anbau von Wein und Feige vermutlich durch nicht- oder teilsesshafte Populationen folgte die Kultivation von Obstbäumen und Kulturpflanzen. Die geohydrologischen Bedingungen sorgten in Tayma dafür, dass sich die Menschen artesische Grundwasserquellen zunutze machen konnten, die durch Brunnen erschlossen wurden. Es wird gegenwärtig untersucht, ob zu dem frühen technologischen „kit“ die künstliche Bewässerung von Anbauflächen gehörte.

Siedlungsorganisation und Urbanisierung der Frühen Bronzezeit

Ummauerte Oasen unter Einschluss der landwirtschaftlichen Nutzflächen sind ab der frühen Bronzezeit in Nordwestarabien bezeugt. Die gesellschaftliche Organisation der Oasen wird derzeit im Kontext der Urbanisierung diskutiert. In Tayma ist ab dem Ende des 4. Jt. v. Chr. die permanente Siedlung einer Keramik produzierenden Population nachgewiesen. Ein massives Gebäude wird als dabei als kommunaler Speicher gedeutet. Die Ummauerung des 9 km2 Oasengebiets erfolgt wenig später.

Ob in der Oase von al-Ula während der Bronzezeit eine davon abweichende dezentrale bzw. multipolare Siedlungsorganisation vorliegt, wird nun in dem Siedlungshügel von Tell Saq näher untersucht. Hier sind Siedlungsreste und Hinweise auf Getreideanbau seit dem 3. Jt. v. Chr. nachweisbar.

Kulturelle Vernetzung

Seit dem Spätneolithikum sind kontinuierlich Kontakte der Region mit ihren Nachbargebieten nachgewiesen. Industriell um ca. 4.000 v. Chr. produzierte scheibenförmige Karneolperlen aus Tayma scheinen bis ins Golfgebiet verbreitet gewesen zu sein. Die bronzezeitlichen Gräberfelder der Oase weisen mit Statuswaffen levantinischen Typs auf die weite Verbreitung kommunaler Praktiken.

Die Ergebnisse archäometallurgischer Analysen deuten auf die Partizipation nordwestarabischer Oasen am Kupferhandel vom ostmediterranen Raum bis zur omanischen Halbinsel. Für den landgestützten Fernhandel mit Aromata ist indes die Domestikation des einhöckrigen Kamels am Ende der Bronzezeit entscheidend. In der Frühen Eisenzeit setzen kulturelle Kontakte Nordwestarabiens mit Äygpten ein.

Während die militärischen Operationen des assyrischen Reiches nur im Norden und Westen Nordarabiens erfolgreich sind, gelingt dem babylonischen König Nabonid zeitweise die Kontrolle der großen Oasen des Hejaz. Dies macht sich im ikonografischen Befund erkennbar, so ab dem 5. Jh. v. Chr., als die Dynastie von Lihyan von Dadan aus Tayma dominiert. Die Siedlungskontinuität in Tayma ab der Nabatäerzeit weist auf eine politische und wirtschaftliche Stabilität, wenngleich in der öffentlichen Architektur markante Änderungen innerhalb der Spätantike feststellbar sind. 

Nabonid in Arabien

Neue Befunde aus Nordwestarabien lassen den Aufenthalt des letzten babylonischen Königs Nabonid (556 – 539 v. Chr.) konkreter fassbar werden. Während in Tayma eine beschriftete Reliefstele in mesopotamischer Herrscherikonografie sowie Keilschrifttexte gefunden wurden, sind aus der Oase von al-Ha’it zwei weitere Königsdarstellungen mit Inschrift als Felsrelief bekannt. Neben den Symbolen der drei babylonischen Astralgottheiten ist hier ein weiteres abgebildet, das sich auf eine lokale Gottheit beziehen könnte. Widmungsinschriften von Angehörigen der Truppen Nabonids in der Umgebung von Tayma sind hingegen in taymanitischer oder reichsaramäischer Schrift verfasst.

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Frühislamische Stadtforschung und Kulturerhalt: Qurh / al-Mabiyat

In der südöstlich von al-Ula gelegenen Ruine von Qurh wird die ca. 40 ha große Stadtanlage der frühislamischen Siedlung (ca. 9. – 12. Jh.) durch archäologische Ausgrabungen und einen Stadtsurvey erschlossen. Gleichzeitig werden die exponierten Baureste früherer Ausgrabungen systematisch dokumentiert und analysiert, um Konservierungs- und langfristige Erhaltungsmaßnahmen für den Fundort zu entwickeln. Damit wird ein Beitrag zum Kulturerhalt einer wichtigen urbanen Landschaft im Hejaz geleistet, die durch die Pilgerrouten mit dem Südirak, Syriens und Ägyptens nach Mekka ein vielfältiges kulturelles Gepräge aufweist.

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