Geschichte
Das Architekturreferat für baugeschichtliche Forschung wurde 1973 eingerichtet. Sitz des Referates ist die Zentrale des DAI in Berlin.
Zur Geschichte des Architekturreferats
Mit der Einrichtung des Architekturreferats an der Zentrale wurde eine Einrichtung geschaffen, mit der die Disziplin der archäologischen Bauforschung sichtbar und dauerhaft im DAI institutionalisiert wurde. Mit dem Antritt der Leitung des neu geschaffenen Referats durch Wolfram Hoepfner am 1. Januar 1973 wurde der Grundstein dafür gelegt, von Berlin aus bauhistorische Grundlagenforschung zu betreiben – ausdrücklich ohne einen geographischen Schwerpunkt. Ein Jahr später nahm Lutz Schwander seine Tätigkeit als Referent am Architekturreferat auf. Gemeinsam bauten sie das Referat erfolgreich auf, das unter seinen verschiedenen Leitern: Wolfram Hoepfner (1973–1988), Adolf Hoffmann (1988–1994), Ernst-Ludwig Schwandner (1994–2004), K. Rheidt (2004, kommissarisch) und Ulrike Wulf-Rheidt (2004–2019) unterschiedliche Akzente setzte. Angefangen vom Wohnen in der klassischen Polis, über die diachrone Erforschung von Siedlungsgefügen und die Untersuchung der Wechselbeziehung zwischen Stadt und Land bis zur Untersuchung von Großbauten wurde der Auftrag des Architekturreferats immer wieder neu interpretiert und der Standort der Bauforschung innerhalb der altertumswissenschaftlichen Forschung ausgelotet.
Eine wesentliche Rolle in der Arbeit des Architekturreferats spielte mit wechselnder Intensität auch das Verhältnis von Archäologie und Denkmalpflege, dem W. Hoepfner und E.-L. Schwandner im Zuge des Europäischen Denkmalschutzjahres bereits 1975 das zweite Kolloquium der noch jungen Reihe „Diskussionen zur archäologischen Bauforschung“ widmeten. Kurze Zeit später initiierten sie ein von der Volkswagenstiftung finanziertes Projekt zur Denkmalpflege auf archäologischen Stätten und engagierten sich bei der denkmalpflegerischen Restaurierung des Wiegandhauses. Auch in den folgenden Jahren haben sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Architekturreferats in unterschiedlicher Form in diesem Bereich engagiert. Mit der Einrichtung einer zweiten Säule im Bereich der Baudenkmalpflege und des Kulturerhalts an archäologischen Stätten wird dieses Engagement nun institutionalisiert.
Literatur:
antike Architektur im Blick. 40 Jahre Bauforschung am Architekturreferat des Deutschen Archäologischen Instituts, Berlin (Berlin 2013)
U. Wulf-Rheidt, Aus wenigen Resten ganze Gebäude rekonstruieren – die Arbeit des Architekturreferats, in: O. Dally – U. Wulf-Rheidt – Ph. von Rummel (Hrsg.), Beiträge zur Geschichte der Zentrale des Deutschen Archäologischen Instituts, Das Deutsche Archäologische Institut. Geschichte und Dokumente 6 (Wiesbaden 2019) 117–137
Das Wiegandhaus: Sitz der Zentrale und des Architekturreferats
Theodor Wiegand lebte seit 1899 als Vertreter der Berliner Museen in Konstantinopel, von wo aus er in Milet, Didyma und Samos forschte. Zuvor war er in Priene tätig, wo er auch seine spätere Frau Marie von Siemens kennenlernte. 1911 zog das Paar nach Berlin, da Theodor Wiegand zum Direktor der Antikensammlung der Berliner Museen ernannt wurde. Mit der Planung des gemeinsamen Hauses wurde Peter Behrens beauftragt, der seit 1907 als Künstlerischer Beirat der AEG tätig war und sich durch sein Schaffen den Ruf eines avantgardistischen Architekten erarbeitet hatte. Zu seinen bekanntesten Werken zählt die 1909 fertiggestellte Turbinenhalle der AEG in Moabit.
Für die Familie Wiegand schuf er bis 1912 ein repräsentatives Wohnhaus in der Peter-Lenné-Straße 28–30 in Dahlem. Die äußere Gestaltung setzt sich in ihrer klaren, neoklassizistischen Formensprache deutlich von den zeitgleich entstandenen Häusern der umliegenden Villengegend ab. Architektonische Zitate antiker Bauformen und Bauteile ließen auf die Forschungstätigkeit des Hausherrn schließen. Durch verfremdende Überformung wies Peter Behrens den Bauteilen neue Funktionen zu. So wurde das Peristyl, welches eigentlich einen intimen Innenhof umgibt, als repräsentative Betonung des Eingangsbereiches eingesetzt. Trotz des klassischen Erscheinungsbildes setzte Peter Behrens moderne Baumaterialien und Haustechnik ein, um ein zeitgemäßes Wohnhaus zu schaffen.
Neben der Architektur entwarf Peter Behrens auch große Teile der Inneneinrichtung des Hauses. Neben vollständig neuen Entwürfen wurden auch vorhandene Modelle genutzt. Während er für die öffentlichen Repräsentationsräume des Erdgeschosses kräftige Farben und dunkle Edelhölzer nutzte, kamen im privat genutzten Obergeschoss deutlich lichtere Farben und Materialien zum Einsatz.
1954 trat die verwitwete Marie Wiegand mit einem Verkaufsangebot an das DAI heran. Sie war an einer Nutzung des Hauses durch das DAI interessiert, da ihr Mann von 1932 bis 1936 das Institut als Präsident leitete. Da das bis dahin genutzte Gebäude in der Schöneberger Maienstraße im Zweiten Weltkrieg beschädigt wurde, wurde das Angebot angenommen. 1955 erwarb die Bundesrepublik Deutschland das Haus, um es für die Zentrale des DAI zu nutzen.
Da die Kapazitäten des Hauses schon bald nicht mehr ausreichten, wurde im Garten des Hauses an der Podbielskiallee bis 1973 ein Neubau errichtet. Dieses Haus wird nach dem während der Bauzeit amtierenden Präsidenten Kurt Bittel heute Bittelhaus genannt. Das Haus beherbergt die Bibliothek der Zentrale sowie Büros für Forschung, Verwaltung und IT.
Anlässlich der 150-Jahr-Feier des DAI im Jahr 1979 erfolgte eine denkmalgerechte Sanierung des Wiegandhauses. Die Voruntersuchungen sowie eine umfangreiche Planungsbegleitung und Dokumentation der Arbeiten wurden in weiten Teilen durch das Architekturreferat geleistet. Heute beherbergt das Haus weiterhin den Sitz der Zentrale des DAI. Hier sind die Präsidentin, der Generalsekretär, das Architekturreferat, die Redaktion und der Arbeitsstab Kommunikation untergebracht.
Nachdem 1980 eine Verlegung der Abteilungen Bagdad und Teheran nach Berlin notwendig wurde, fand man 1983 im dem Wiegandhaus benachbarten Haus Kurlbaum eine geeignete Unterkunft für diese Abteilungen. Der Erwerb wurde unterstützt mit Mitteln der Volkswagenstiftung. Nach Gründung der Orient-Abteilung 1996 wird es heute Orient-Haus genannt. Die Villa wurde 1911 nach einem Entwurf der Architekten Cremer & Wolffenstein für Elisabeth, einer Schwester Marie Wiegands, und Ferdinand Kurlbaum errichtet. Das Haus im Heimatstil kontrastiert deutlich mit den klaren, neoklassizistischen Formen des Nachbarhauses.
An einem weiteren Standort in Dahlem entlang der Straße „Im Dol" nutzen die Zentrale und die Eurasien-Abteilung vier um einen Hof errichtete Häuser. Das älteste Haus dieser Gruppe ist das ebenfalls um 1911 entstandene Haus des Lepsius-Kollegs, welches vom Architekten Hans Bernoulli für den Chemiker Bernhard Lepsius, Sohn des ehemaligen Präsidenten Richard Lepsius, geplant wurde. Es dient seit 1976 hauptsächlich der Unterbringung von eingeladenen ausländischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Drei weitere, Ende der 1930er Jahre für das Auswärtige Amt errichtete Gebäude beherbergen heute die Eurasien-Abteilung, das Referat Naturwissenschaften, die Archäoinformatik und das Archiv der Zentrale.
Das Wiegandhaus und sein Garten können in regelmäßigen Abständen bei Veranstaltungen wie dem „Tag des offenen Denkmals" im Rahmen von Führungen von der Öffentlichkeit besichtigt werden. Dem interessierten Fachpublikum bieten wir im Rahmen unserer Möglichkeiten auch darüber hinaus Gelegenheit zur Besichtigung. Bei Interesse wenden Sie sich bitte an architekturreferat@dainst.de.
Literatur:
W. Hoepfner – F. Neumeyer, Das Haus Wiegand von Peter Behrens in Berlin-Dahlem. Baugeschichte und Kunstgegenstände eines herrschaftlichen Wohnhauses, Das Deutsche Archäologische Institut. Geschichte und Dokumente 6 (Mainz 1979)
K. Rheidt – B. A. Lutz (Hrsg.) Peter Behrens, Theodor Wiegand und die Villa in Dahlem (Mainz 2004)
H.-J. Goette, Antike Skulpturen im Wiegandhaus, in: O. Dally – U. Wulf-Rheidt – Ph. von Rummel (Hrsg.), Beiträge zur Geschichte der Zentrale des Deutschen Archäologischen Instituts, Das Deutsche Archäologische Institut. Geschichte und Dokumente 6 (Wiesbaden 2019) 37–49